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Der Regisseur
der Doppelmoral

Claude Chabrol wird 75 Jahre alt

Paris (dpa). Claude Chabrol mag Leichen und Fassaden, hinter den es bröckelt, und findet die Dummheit der Menschen unendlich viel interessanter als ihre Intelligenz.

Seit mehr als 50 Jahren entlarvt der Regisseur, der morgen 75 Jahre alt wird, Unaufrichtigkeit, Falschheit, Engstirnigkeit und Egoismus des Bürgertums, aus denen er erfolgreich hintergründige Provinz- und Familiendramen kreiert.
»Die Intelligenz hat ihre Grenzen, die Dummheit hingegen nicht«, erklärt der französische Filmemacher und Sohn eines Apothekers. Ein Blick auf Chabrols Gesamtwerk scheint ihm Recht zu geben. In 40 seiner mehr als 50 Filme steht die Doppelmoral im Mittelpunkt. Mit Streifen wie »Die untreue Frau«, »Der Schlachter«, »Der Bruch«, »Vor Einbruch der Dunkelheit« und »Süßes Gift« machte sich Chabrol einen Namen.
Nach dem Tod François Truffauts und Jean-Luc Godards wurde er zum Alleinerben des Ende der fünfziger Jahre entstandenen Autorenkinos der Nouvelle Vague. Chabrol bleibt nicht nur seinem Sujet treu, sondern arbeitet auch oft mit den selben Schauspielern wie Isabelle Huppert und Laura Smet. »Ich mag das, diese Kontinuität. Ich glaube an die Harmonie beim schöpferischen Akt - und die stellt sich eben leichter ein bei Leuten, mit denen man schon mal gearbeitet hat«, sagte Chabrol.
Die ARD widmet Chabrol eine Reihe: Am 26. Juni ist um 1.10 Uhr »Der Schrei der Eule« (1987) zu sehen. Das Frühwerk »Schritte ohne Spur« (1959) flimmert am 1. Juli um 2.55 Uhr über den Bildschirm. Den Abschluss bildet das Krimimelodram »Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen« (1975) am 8. Juli um 1.45 Uhr.

Artikel vom 23.06.2005