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Im Fall der Fälle droht Zeitverlust

Alte Rettungsschere stößt bei neuen Fahrzeugmodellen an ihre Grenzen

Versmold (OH). Weil die Neuwagen in den vergangenen Jahren immer sicherer geworden sind, besteht jetzt für die Feuerwehr Versmold und damit die Stadt Handlungsbedarf. Die 25 Jahre alte Rettungsschere, mit der bei Unfällen eingeklemmte Personen aus ihren Fahrzeugen befreit werden, ist durch die verbesserte Konstruktion der Autos an die Grenzen ihrer Leistungs- und Einsatzfähigkeit gestoßen. Eine neue soll deshalb angeschafft werden.

»Die beim Autobau verwendeten Materialien sind höherwertiger geworden und besser miteinander verbaut«, sagt Löschzugführer Gunter Pleitner. Beim Einsatz der alten Rettungsschere könne sich der Rettungsvorgang verlängern, weil die Schere öfter angesetzt werden muss als dies mit modernen Geräten der Fall wäre.
Seit 1994 verfügt der Versmolder Löschzug über eine zweite Rettungsschere, die wesentlich effektiver einzusetzen sei als das ältere Gerät, sagt Gunter Pleitner. Die hydraulische Rettungsschere wird neben dem Spreizer bei der Befreiung eingeklemmter Fahrzeuginsassen genutzt. »Je nach Deformation der Karosserie wird entweder Schere oder Spreizer eingesetzt«, erklärt der Löschzugführer. Die Rettungsschere kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn das Dach eines Fahrzeugs abgetrennt werden muss, um einen Rettungszugang zu schaffen. Mit dem Spreizer wird in der Regel versucht, eine verformte Tür aufzustemmen.
»Ein VW Golf hat früher 800 Kilogramm gewogen, heute sind es 1200. Die Gewichtszunahme geht vor allem auf mehr Sicherheit zurück«, sagt Gunter Pleitner. Die Rettungsschere müsse bei modernen Fahrzeugen bis zu vier Zentimeter reinen Stahls schneiden, das noch mit speziellem Gewebe verstärkt sei. Schere oder Spreizer setze die Feuerwehr heute in der Regel nach Absprache mit dem Notarzt vor Ort im Sinne einer patientengerechten Rettung ein. Die früher eigentlich ausschließlich praktizierte »Crash-Rettung«, bei der allein die sofortige Befreiung eingeklemmter Personen Ziel ist, werde nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt.
Im Haupt- und Finanzausschuss berichtete Fachbereichsleiter Hans-Jürgen Matthies, dass eine erheblich steifere Konstruktion der Fahrzeugkarosserien insbesondere im Bereich der A- und B-Säulen bei Einsätzen der älteren Rettungsschere für Schwierigkeiten und Zeitverluste sorge. »Gerade bei der Befreiung von Verletzten kann es auf jede Minute ankommen. Um zeitgleich an zwei unfallbeteiligten Fahrzeugen arbeiten zu können, kann auch nicht auf die zweite Rettungsschere verzichtet werden.« Die Verwaltung schlug den Ausschussmitgliedern deshalb vor, noch in diesem Jahr eine neue Rettungsschere anzuschaffen. »Eine Investition zum Schutz der Bürger und in die Sicherheit«, wie Bürgermeister Thorsten Klute betonte.
Argumente, die auch Liane Fülling (SPD) aufgriff. Sie wolle zudem nicht die Belastung der Feuerwehrleute verantworten, eingeklemmte Personen nicht so schnell wie möglich befreien zu können. Zugleich brachte sie ins Gespräch, die auszurangierende Rettungsschere der Feuerwehr in der polnischen Partnerstadt Dobczyce zur Verfügung zu stellen. Ein Vorschlag, der Ulrike Poetter (FDP) auf die Palme brachte: »Ich finde es zynisch, wenn wir unserer Partnerstadt etwas weitergeben, was für uns nicht mehr gut genug ist.« Hans-Jürgen Matthies sagte zu, in Rücksprache mit der Feuerwehr in Dobczyce klären zu wollen, inwieweit die alte Rettungsschere dort sinnvoll eingesetzt werden könnte. Schrott, stellte auch Liane Fülling klar, wolle man nicht verschieben.
Nach der einstimmigen Zustimmung des Haupt- und Finanzausschusses zur Anschaffung einer neuen Rettungsschere, hat im Juli der Stadtrat das letzte Wort.

Artikel vom 23.06.2005