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Wo die Olympioniken
dem Körperkult frönten

Der Peloponnes eignet sich für Bade- und Kultururlaub

Von Thomas Albertsen
Auch wenn Reiseriese TUI den Peloponnes als Badeziel vermarktet und mit dem konzerneigenen »Grecotel« in Kyllini ein für griechische Verhältnisse großes Resort errichtet hat: Die Halbinsel ist viel zu schade, um dort »nur« Strandurlaub zu verbringen. Das quirlige Patras und historische Orte wie Olympia und Sparta sowie der Kanal von Korinth sind mindestens Tagesausflüge wert.

Besser noch, man legt den Badeurlaub ans Ende einer Rundreise. Ein Militärflughafen zwischen Patras und Pyrgos wurde für den Tourismus geöffnet, daher ist die Anreise aus Deutschland mittlerweile ohne Umsteigen möglich. Und am Strand von Kyllini bekommt man dann den Mietwagen, mit dem es ins Landesinnere geht.
Hoch über der Küste thront die Kreuzfahrerburg Kastro. Die Auffahrt zum Bollwerk eröffnet weite Ausblicke auf das Ionische Meer, aber auch die Ebene Richtung Olympia.
Das Antike-Museum ist ein Muss, und der Gang durch die Ruinen gestaltet sich angenehm, denn die Reste der historischen Trainingsstätten und Tempel liegen unter Schatten spendenden Bäumen. Hinter den Ruinen, wo 776 vor Christus die ersten Spiele stattfanden, beginnt Arkadien. Die Straße, die sich durch grüne Hügel und Olivenhaine schlängelt, ist auf der Karte in dickem Rot als Hauptstraße ausgewiesen. Doch die einzigen Weggenossen sind Ziegenherden sowie einige Hunde, die im Schatten lungern und sich teils freudig, teils verärgert, immer aber laut bellend an die Reifen heften.
Aus einem Flusstal steigt die Straße zum Bergdorf Stavrodomio an. Immer wieder geht es vorbei an Ekllisakia, kleinen Kapellen, von denen manche einfach auf Eisenstangen montiert sind. Madonnenbilder oder vertrocknete Blumen schmücken die Heiligtümer am Wegrand.
Acht Kilometer vor Sparta lockt der kurze Abstecher nach Amíkle, er ist vor allem wegen des schönen Blicks über die grüne Ebene von Sparta und auf das Taigéttos-Gebirge lohnend. Vom Apollonthron, der um 520 vor Christus von den Spartanern auf diesem Hügelchen errichtet wurde, ist fast nichts mehr zu sehen.
Das Innere des Peloponnes ist gebirgig und bis zu 2000 Meter hoch. Landschafts- und Kunstgenuss, Besichtigungen und Wanderungen lassen sich in Mistrás harmonisch verbinden. Die byzantinische Metropole des Peloponnes liegt am Hang eines steilen Bergs am Rand der Ebene von Sparta. Auf seinem Gipfel hatten fränkische Kreuzritter 1249 eine Burg angelegt, die die Byzantiner 1262 eroberten. Sie gründeten die Stadt zu ihren Füßen, die um 1700 noch 42 000 Einwohner hatte und um 1800 immerhin noch 16 000.
Heute sind die meisten Wohnhäuser verschwunden, die Burg und die Paläste der byzantinischen Fürsten sind Ruinen. Gut erhalten blieben die vielen Kirchen und Klöster. Zwischen dem oberen und dem unteren Eingang zu Mistrás liegen 300 steile Höhenmeter. Wer den Aufstieg scheut, fährt mit einem Taxi zum oberen Eingang und kann dann zum unteren zurücklaufen. Eine Besichtigung dauert mindestens drei Stunden; Trinkwasser mitzunehmen ist empfehlenswert.
Auf der anderen Inselseite geht es in Serpentinen hinab in die Ebene von Argos, vorbei an Lerna, wo Herkules die Riesenschlange getötet haben soll. Nicht nur in Lerna war er aktiv - auf dem Peloponnes hat der mythologische Supermann angeblich die meisten seiner zwölf Heldentaten vollbracht.
Am Ende der Bucht presst sich Nafplio an den Fels, etwas weiter erreicht man den Sandstrand von Toló. Von dort lässt sich Argos erkunden und die Ruinen von Mykene. Hier wiederholte Heinrich Schliemann sein Kunststück von Troja und grub, nur mit Homers »Ilias« bewaffnet, die Burg des Agamemnon aus. Heute weiß man, dass Mykene schon 400 Jahre vor Homers tragischem König niederbrannte, der nach der Eroberung Trojas vom Geliebten seiner Frau Klytaemnestra um 1180 vor Christus ermordet worden sein soll.
Schließich ist der Besuch des Kanals von Korinth ein Muss. An der Wasseroberfläche ist der acht Meter tiefe Kanal mehr als 24, am Kanalbett 21 Meter breit. Die Felswände an seinem Rand steigen bis zu 76 Meter hoch auf. Der Kanal verbindet seit 1893 den Saronischen mit dem Korinthischen Golf und erspart Schiffen auf dem Weg in die Adria eine Tagesreise um den Peloponnes. Schon in der Antike dachte man über einen Kanalbau nach, der römische Kaiser Nero vollzog sogar den ersten Spatenstich. Die Arbeiten wurden aber bald wieder eingestellt. Stattdessen wurden die Schiffe weiterhin über einen Diolkos genannten, gepflasterten Weg vom Saronischen in den Korinthischen Golf gezogen. Interessant ist es, sich im Café Isthmía an der östlichen Kanaleinfahrt niederzulassen: Hier kommen die großen Schiffe so nah vorbei, dass man meint, sie berühren zu können. Dort starten auch die Bootstouren durch den Kanal.

Artikel vom 24.06.2005