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»Deutschland für Anfänger«lässt tief in Republik blicken

Kabarettist Thomas Schreckenberger in der Galerie et

Versmold (GG). Begeisterung beim kabarettistischen Politbarometer: Über die B 68 »eine Straße, auf der man Demut neu erlernt«, ist am Freitag das Polit-Plaudertäschchen Thomas Schreckenberger aus Baden-Baden gefahren, um auf Einladung des Kunstkreises mehr als 40 Besucher in der Galerie et auf die Lage der Nation und das Gedankengut führender Politprominenz und Showgrößen aufmerksam zu machen. »Deutschland für Anfänger« hieß der kabarettistische Kursus, der sich an alle richtete, die erfahren wollen, wie es wirklich um das Land bestellt ist.

Den Auftritt nutzte Solokabarettist und Stimmenimitator Thomas Schreckenberger zu einem satirischen Streifzug durch Politik, Gesellschaft, Beziehung und Kultur, um den begeisterten Besuchern vor Augen zu führen, welche Formen die Auswüchse deutscher Volksmusik, aber auch Kanzler Gerhard Schröder, Edmund Stoiber oder Angela Merkel angenommen haben. Doch Schreckenberger hat nicht nur viele Politiker ins Herz geschlossen, sondern auch Herbert Grönemeyer, Boris Becker, Klaus Kinski, Marcel Reich-Ranicki und Willi, der Freund von Biene Maja. Denn nur wer sich so innig mit den Eigenschaften dieser bekannten Persönlichkeiten befasst hat, kann sie derart gut imitieren, wie es Schreckenberger macht.
Mit bissig-trockenem Humor stichelte er spitzfindig und mit viel Liebe zum Detail tief ins teutonische Mark. Der Alleinunterhalter aus dem Schwabenland überzog gewollt und feuerte zur Freude der Zuschauer seine Lästerpfeile treffsicher ins Ziel. So beleuchtete er fast zwei Stunden die »Servicewüste Deutschland«. Themen waren aber auch Beziehungsstress, Frauen bei der Bundeswehr, die Rentenreform, fachgerechte Rentenentsorgung, die Papstwahl, die Qualität der Fußballprofis und Trainer sowie die deutsche Beamtenkultur, bei der er den deutschen Beamten als eine »Mischung aus Hans Eichel und Klaus Kinski«, skizzierte.
»Angela Merkel, die Schutzheilige aller durch die Gesellenprüfung gefallenen Friseurlehrlinge, blüht dagegen derzeit total auf. Sie schminkt sich sogar in letzter Zeit. Sieht zwar mehr nach Malen mit Zahlen aus aber sie träumt zu Recht davon erste Kanzlerin Deutschlands zu werden. Ich kann mir Angela Merkel als Kanzlerin noch nicht so recht vorstellen. Als Kanzler dagegen schon«, ulkte Schreckenberger. Aber auch die Präsidenten der Vereinigten Staaten hatten es dem Comedian angetan: »Roland Reagan ein ehemaliger Schauspieler, Bill Clinton ein Lebemann,Ê George Bush ein ehemaliger Alkoholiker. Welche Chancen hätte Harald Juhnke in den USA gehabt?!«.
Dass es mit der Wirtschaft schlechtÊ stehe, werde daran deutlich, das deutsche Ärzte ihren Sommerurlaub nutzten, um sich in Polen beim Spargelstechen etwas dazu zu verdienen, deutsche Manager sich für Kataloge fotografieren lassen, in der Hoffnung von osteuropäischen oder asiatischen Frauen geheiratet zu werden und deutsche Jugendliche als Traumberuf Insolvenzverwalter nennen. Schallendes Gelächter erntete Schreckenberger auch bei der Inszenierung der Dreharbeiten zu »The Weihnachtsgeschichte reloaded«. Dabei hatte der Stimmenakrobat eine außergewöhnliche Rollenbesetzung für die Krippenspiel am Start: Edmund Stoiber als König Herodes, Altkanzler Helmut Kohl als Jesuskind, die drei heiligen Könige wurden von Johannes Rau, Franz Müntefering und Gerhard Schröder verkörpert. Jürgen Trittin und Norbert Blüm stellten Josef und Maria dar, Boris Becker war Engel Gabriel und ein hervorragend imitierter Marcel Reich-Ranicki ließ typische Schimpftiraden als Herbergsbesitzer ab, als Josef und Maria um ein Nachtquartier baten.

Artikel vom 20.06.2005