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Zusteller unterschlägt
1 500 Briefsendungen

Bewährungsstrafe für 27-jährigen Löhner

Von Per Krüger
Löhne/Bad Oeynhausen (LZ). Statt 1 500 Postsendungen auszutragen, hortete Sebastian P. (Name geändert) diese in den eigenen vier Wänden. Die Quittung erhielt er nun vom Amtsgericht Bad Oeynhausen, das den 27-Jährigen wegen veruntreuender Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilte.

Exakt 1 487 Briefsendungen, adressiert an Löhner und Bad Oeynhausener Haushalte, hatte Sebastian P. als Mitarbeiter eines privaten Zustellunternehmens von Mai bis September 2004 in seiner Wohnung gelagert. »Es war sehr, sehr viel an Arbeit. Außerdem hatte ich zu dieser Zeit familiäre Probleme«, entschuldigte sich der geständige junge Mann. Er schilderte Richter Heinrichs, dass er mit ständig wechselnden Bezirken zu kämpfen gehabt habe, die zudem so groß gewesen seien, dass sie allein nicht zu bewältigen gewesen wären. Er betonte jedoch, augenscheinlich wichtige Sendungen, wie zum Beispiel gerichtliche Zustellurkunden, immer ordnungsgemäß ausgeliefert zu haben.
Warum er seinen Arbeitgeber nicht auf dieses Problem angesprochen habe?, wollte das Gericht wissen. »Ich hatte unheimlich große Angst, meinen Job zu verlieren, weil ich zu diesem Zeitpunkt sehr große Schulden hatte und auch heute noch habe«, erklärte Sebastian P., der einen zweijährigen Sohn aus einer inzwischen geschiedenen Ehe habe. Unterhalt könne er für sein Kind jedoch nicht leisten, da er als AushilfsKassierer lediglich zwischen 600 und 750 Euro im Monat verdiene.
Richter Heinrichs hielt dem jungen Mann seine Geständigkeit zu Gute, warf ihm jedoch den langen Zeitraum seiner Taten vor. »Außerdem sind sie wegen eines Betrugsdeliktes vorbelastet, für das sie nur einen Monat vor ihren ersten unterschlagenen Briefsendungen zu einer Geldstrafe verurteilt wurden.« Dies war auch der Grund, warum die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe für Sebastian P. forderte: »Denn die Geldstrafe haben Sie sich offenkundig nicht zur Warnung dienen lassen.«
In seinem Urteil folgte Richter Heinrichs in allen Punkten der Forderung der Staatsanwaltschaft. Er verhängte gegen den Angeklagten eine sechsmonatige Gefängnisstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, und eine Geldstrafe in Höhe von 1 500 Euro zugunsten des Werster Kindergartens Kunterbunt. Darüber hinaus wird Sebastian P. ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.
»Lassen Sie sich in dieser Zeit irgendetwas zu Schulden kommen, werden Sie kennen lernen müssen, wie es in einer Justizvollzugsanstalt zugeht«, verdeutlichte Richter Heinrichs dem jungen Mann die Konsequenzen. Sebastian P., der sich vor Gericht selbst verteidigt hatte, nahm das Urteil an, das somit rechtskräftig ist.

Artikel vom 18.06.2005