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Dieselduft liegt
hier in der Luft

Alte Trecker im Freilichtmuseum Molfsee

Von Thomas Albertsen
Ein wenig Blech, ein bisschen Lack: Fertig ist der Hanomag! Da ist ein Lanz-Bulldog doch schon ein ganz anderes Kaliber! Wenn der Bauer die Maschine startet und die Kolben zu tuckern beginnen, dann ist das Kult in den Ohren der Treckerfans!

Und genauso klingt der Lanz auch: »Kultkultkultkultkult«! Treckertage im Freilichtmuseum Molfsee nahe Kiel: Das ist stets eine ganz besondere Attraktion, zu der Liebhaber aus ganz Norddeutschland anreisen, um die historischen, meist liebevoll gepflegten Schätzchen zu sehen -Êund zu hören. Auch wuchtige Unimogs und alte Dreschmaschinen geben sich dann ein Stelldichein.
Da wird so manch ein Motor mittels Lötkolben gestartet, Trecker-Enthusiasten kommen mit Videokameras und Stereoaufnahmegeräten, um Bild und Ton optimal einzufangen. Ob das kultige Geknatter dann anstelle von Musik zu Hause aus dem CD-Player klingt? Kinder freuen sich, dass die Besitzer der tuckernden Stahlrösser gerne Wagen anspannen und zur Rundfahrt über das Gelände des Freilichtmuseums einladen. Denn dieses besteht nicht aus einer dichtgedrängten Ansammlung alter Bauten, sondern auch Natur pur: Saftiges Gras, sanft geschwungene Hügel und ein See erfreuen das Auge während der Rundfahrt. Sogar die Spaziergänger nehmen es an solchen Tagen nicht übel, wenn sie Motorengeräusche vernehmen und Dieselduft in der Luft hängt.
Das Freilichtmuseum Molfsee gehört zu den feinsten touristischen Sehenswürdigkeiten zwischen Nord- und Ostsee. Es interpretiert die Kulturgeschichte und Volkskunde des ländlichen Raums. Auf dem 60 Hektar großen Gelände mit Wiesen, Gärten, Feldern und Teichen sind mehr als 70 historische Gebäude, Hofanlagen und Mühlen der verschiedenen Landschaften Schleswig-Holsteins mit Mobiliar, Hausrat und Arbeitsgeräten zu sehen.
Molfsee ist ein »Museum zum Anfassen«. Natürlich sind die wertvollen alten Einrichtungs- und Ausrüstungsgegenstände davon ausgenommen, aber Kinder kommen garantiert auf ihre Kosten. Nicht nur das tolle Areal zum Spazieren und Herumtollen ist attraktiv: Kinder schließen den Jahrmarkt mit traditionellen Kirmes-Originalen wie Orgel, Karussell, Zirkuswagen und Schiffschaukel sofort in ihre Herzen.
Wer Hunger hat, kauft sich geräucherten Fisch -Êaber es gibt auch zwei Bäckereien im Freilichtmuseum. Das Vorbild der einen stammt aus Teschendorf (1742). Zu dieser Zeit waren die Backöfen in die Wohnungen einbezogen. Erst später erhielten sie wegen der Brandgefahr eigene Gebäude, die mit Dachziegeln gedeckt wurden. Im Backhaus des Hofes Schurbohm aus dem Jahr 1850 wurde etwa alle 14 Tage gebacken, wobei der Ofen Platz für 100 Brote bot. Heute können sich die Besucher in Molfsee täglich über frisches Brot aus dem Steinbackofen freuen - einige Sorten nach altem Rezept. Darauf müssen auch Vollkornbrot-Esser ausweichen - dieses gab es schließlich früher noch nicht.
Für Gartenfreunde ist Molfsee ebenfalls ein lohnendes Ziel: Denn der Blumen- und Nutzgarten lädt zum Staunen und Fachsimpeln ein. Während der speziellen Führungen gibt es allerhand Tricks und Kniffe, die Hobbygärtnern die naturnahe und ökologisch korrekte Ausrichtung ihrer Leidenschaft erleichtern.
Eine Apotheke mit einer Ausstellung und einem Kräutergarten gewährt Einblicke in die Geschichte der Pharmazie. Handwerker wie Schmied, Korbmacher, Drechsler, Töpfer, Weber und Bildhauer demonstrieren ihre Fertigkeiten in verschiedenen Gebäuden und verkaufen teilweise ihre Produkte.
Und was wäre ein Freiluftmuseum ohne die Tiere: Schafe, Ziegen und Pferde freuen sich über Streicheleinheiten, nicht jedoch über mitgebrachtes Futter. Weil kürzlich erst zwei Ziegen die »Liebe« der Menschen nicht überlebten, appelliert die Museumsleitung an alle Besucher, keine mitgebrachten Lebensmittel zu verfüttern.

Artikel vom 24.06.2005