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»Großmeister«
in großer Form

Majestäten reihenweise entthront

Von Curd Paetzke
Herford (HK). Wenn eine Stellung größere Aufmerksamkeit erfordert, dann beugt sich Christopher Lutz einen Moment lang über das Brett, rückt seine Brille zurecht, streicht mit Daumen und Zeigefinger kurz über seine Nasenspitze und vertieft sich in den nächsten Zug. Lutz zieht die Dame, zetrümmert damit des Gegners Festung. Der »Großmeister« ist auf Königsjagd, will Majestäten reihenweise zum Abdanken zwingen.

Der Kölner Schachprofi und Nationalspieler (Jahrgang 1971) hat am Freitag beim Simultan-Wettkampf der Herforder »Königsspringer« unter dem Motto »Einer gegen alle« zwar nicht alle 40 besiegt, aber dennoch gezeigt, warum er seit 1992 den Titel eines »Großmeisters« trägt. 28 Siege, sieben Remis und nur 5 Niederlagen - bei knapper Bedenkzeit pro Brett und bei einer Spieldauer von vier Stunden und 22 Minuten eine phänomenale Leistung!
Doch auch umgekehrt gilt: So schlecht haben die Schachfreunde aus Herford und Umgebung gar nicht mal abgeschnitten. Die »Königsspringer« Bert Hollmann, Michael Lömker und Vereinsvorsitzender Heinz-Burkhard Heuermann bezwangen Christopher Lutz, zudem erzielten Thomas Klemme, Ralph Pohlmann, Carsten Dahlhoff, Andre Wolf und Hans Bäcker ein Remis. Lutz, der pro Jahr drei große Simultan-Kämpfe bestreitet, unterlag sonst nur noch dem Bielefelder NRW-Stützpunkttrainer Matthias Krallmann und dem Bielefelder Journalisten Conrad Schormann.
Mehr als wacker geschlagen hat sich bei dem Schach-Großereignis der Nachwuchs. Die 16-jährige Schülerin Mareike Homölle (33 Züge) und der 14-jährige Manuel Ebert (29 Züge) vom Herforder Landesstützpunkt NRW spielten Unentschieden. Lange im Rennen war auch der zehn Jahre alte Paderborner Philipp Hötte, der erst nach über vier Stunden seine schwarze Majestät vom Brett nehmen musste. Jüngster Spieler war Daniel Heuermann aus Herford. Der Neunjährige ist seit einem Jahr im Verein und bereits U 12-Jugendmeister.
Die Herforder »Königsspringer« (67 Mitglieder) haben mit dem Simultan-Kampf und auch mit ihrem ebenfalls an diesem Wochenende ausgetragenen Internationalen Schnellschach-Turnier (Bericht auf dieser Seite) schon mal beste Werbung für die Schacholympiade gemacht, die 2008 in Dresden stattfindet. »Die Schachwelt wird dann nach Deutschland blicken«, sagte Heinz-Jürgen Gieseke vom Olympia-Ausschuss, der derzeit in 64 Städten kräftig die Reklametrommel für die (Denksport-)Veranstaltung rührt und den Simultan-Kampf im Herforder Grün-Gold-Haus verfolgte.

Artikel vom 23.06.2005