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Messerstecher (28)
bleibt ohne Strafe

Blutige Attacke am Schlammpatt

Halle (abe). Ein Messerstecher (28) aus Borgholzhausen ist gestern vor Gericht ohne Strafe davongekommen. Obwohl er einem »Freund« schwere Stichverletzungen zugefügt hat und deshalb schon seit mehr als fünf Monate in Untersuchungshaft sitzt, stellte Amtsrichter Peeter-Wilhelm Pöld das Verfahren ein - aus Mangel an Beweisen.

Die blutige Tat passierte am 5. Februar dieses Jahres am Schlammpatt in Halle. Dort wohnt einer der vier Männer, die in das Geschehen verwickelt waren. Die russischen Landleute hatten erst richtig »getankt«, später flogen nicht nur die Fäuste, sondern wurden auch Messer gezückt.
An den heftigen Streit, die Ursache dafür oder die Messerattacken konnte sich keine der Beteiligten so richtig erinnern. Immerhin hatten Täter, Opfer und die zwei »Zeugen« bis zu 2,9 Promille Alkohol im Blut - ein Gedächtnisverlust ist bei diesen Werten rein medizinisch nichts Besonderes.
Es sei während des Streits zum Gerangel gekommen und dann wurden die Messer gezogen, schilderten der Täter und das Opfer. Das war aber auch die einzige Aussage, die von jedem der Beteiligten einigermaßen glaubwürdig wiedergegeben wurde. Richter Peeter-Wilhelm Pöld musste schnell einsehen, dass die Zeugen ansonsten logen, dass sich die Balken im Gerichtssaal bogen.
Das Opfer, ein 27 Jahre alter Arbeiter der Firma Storck, war offenbar so betrunken, dass er seine vier und drei Zentimeter langen Schnittwunden erst bemerkte, als das Blut bereits in Strömen floss und der Krankenwagen schon im Anmarsch war. Das Opfer ist eben hart im Nehmen - und schnell im Verzeihen. Er könne sich sehr gut vorstellen, mit dem Täter mal wieder einen zu trinken, sagte der 27-Jährige, der immerhin fast zehn Tage lang im Krankenhaus gelegen hatte.
Am Ende musste der Richter die Beweisaufnahme abschließen, ohne wirkliche Beweise zu haben. Denn da beide, also Täter und Opfer, Messer in der Hand hatten, kann auch Notwehr nicht ausgeschlossen werden. Der Richter stellte das Verfahren ein. Der Angeklagte verzichtete auf eine Haftentschädigung. Er hatte somit fast fünf Monate umsonst im Knast gesessen.

Artikel vom 16.06.2005