16.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ohne ruhige Hand geht nichts

Glasritzerin Petra Kösterke zu Gast beim »Mennighüffer Sommer«

Bünde/Löhne (öse). Vorsichtig gleitet die Diamantspitze über das Glas, genau der aufgemalten Linie nach, die sich im Bogen schlängelt, letztlich im Abbild einer Blume mündet. Und das mit sehr ruhiger Hand, »die braucht man bei solch einer Arbeit«, beschreibt Petra Kösterke dieses künstlerisch-sensitive Werk. Vor etwa einem Jahrzehnt begann die Rödinghausenerin mit dem so genannten »Glasritzen«. Ein Urlaubsaufenthalt in der Pfalz brachte sie auf die Entdeckerspur.

Bemalte Vasen mit stilvollen Motiven, Gläser, in denen Tiere, Blätter, Ranken und sogar Musikinstrumente wie Klarinetten oder Geigen eingeritzt sind; selbst getöpferte Gefäße und von eigener Hand gegossene Kerzen, all das empfängt den Besucher, der die Wohnung von Petra Kösterke betritt. Seit wann sie diese künstlerische Ader hat? »Ach, es ist einfach so, dass bei mir immer etwas los sein muss«, beschreibt sie den Energiefluss, in dem der Zustrom wunderbarer Ideen über all die Jahre zunahm.
An »Oberwasser« gewann auch stets die Bereitschaft, alles in die Tat umzusetzen, sich der oft langwierigen, künstlerischen Arbeit zu widmen. Die ausgefeilte Technik des Glasritzens demonstrierte die hochbegabte Person bereits bei den Künsten am Grünen See in Markendorf. Ebenso in Südschweden, wo sie und Ehemann Erhard sich als Besitzer eines Ferienhauses häufig aufhalten.
Boutiquenbesitzer in Smaland - so auch in der dort größten Stadt Vexjö - zeigten sich begeistert von der Kunstfertigkeit der 60-Jährigen und stellten ihre Stücke mehrfach aus. Doch wie funktioniert das Glasritzen genau? »Nun, zunächst wird das gewünschte Motiv auf das Glas gemalt, dann mit dem Diamantenschleifer nachgezogen«.
Die Größe der Diamantspitzen ist unterschiedlich. Ein kleiner Diamant wird für feine Ausarbeitungen verwendet, dagegen sind mittlere und grobere Diamanten für aufwändigere Flächen gedacht. Was den Zeitaufwand angeht, muss man mehr als ein wenig Geduld aufbringen. »Will man einen Schmetterling in ein Schnapsglas ritzen, so beträgt die Arbeitsdauer etwa zwei Stunden«.
Einzelne Gläsern, die sich vielleicht »weit hinten« im Schrank befinden, kann man mit einem eingeritzten Bild wieder zu mehr Schönheit verhelfen. Viele Bekannte äußerten bereits ihre Freude über solch ein Geschenk, waren der Ansicht, »dass eine Eigenproduktion echt was hat«.
Von der immensen Kreativität und dem tollen Geschmack der Rödinghauser Künstlerin können sich demnächst die Bürger in Mennighüffen überzeugen. Beim »Mennighüffer Sommer« am Sonntag, 19. Juni, demonstriert Petra Kösterke ab mittags das Glasritzen. Diese Kunst entstand übrigens im 16. Jahrhundert in Venedig. Dort begann man, Gläser mit Schmelzfarben zu bemalen und durch Ritzen mit einem Diamanten zu verzieren. Diese Graviertechnik hielt später in Deutschland, England und den Niederlanden Einzug.

Artikel vom 16.06.2005