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Ein Ständchen für den neuen Brigadier

Besondere Ehre: Feuerwehr-Musikzug spielt beim Army-Gala-Dinner für Mark Poffley

Gütersloh/Borgholzhausen (Felix). Der Teppich auf der »Minstrel's Gallery« ist aus rotem Samt. Ebenso wie der Bezug der Stühle, auf denen die Musiker der Freiwilligen Feuerwehr Borgholzhausen Platz genommen haben. Konzerte zu geben, das sind die Instrumentalisten um Wayne Tucker gewohnt. Doch als deutsches Orchester von der British Army eingeladen zu werden, um das Gala-Dinner anlässlich der Einführung des neuen Brigade-Generals, Mark Poffley, zu untermalen - das ist selbst für den gestandenen Dirigenten eine ganz besondere Ehre.

Nicht zum ersten Mal war der Musikzug zu Gast in »The Princess Royal Barracks« in Gütersloh. »Seit zehn Jahren spielen wir hin und wieder in der Unteroffiziers-Messe«, erzählt Wayne Tucker. Und auch in der großen Offiziers-Messe, in der an diesem Abend 55 Gäste feiern, sind die Piumer schon seit vier Jahren immer wieder zu Gast. Dabei zu sein, wenn der neue »Brigadier«, der Chef der Stützpunkte in Gütersloh, Bielefeld, Herford und Dülmen, zur »Ladies Dinner Night« einlädt, ist für sie jedoch ein absolutes Novum.
»Wir haben genau das Repertoire, das man sich zu solch einem Anlass wünscht«, erklärt Wayne Tucker, der selbst von 1976 bis 1984 als Musiker in der Army war. Und er kennt als Brite natürlich auch die Gepflogenheiten, auf die es dabei ankommt.
So wundert es nicht, dass der erste Trompeter Frank Baier vor Beginn des konzertanten Aufspielens noch einmal kurz verschwunden ist. Schließlich bläst der Trompeter den »Ten Minutes Call« und kündigt, mit einem zweiten Signal, den unmittelbaren Einlass der Gäste, allesamt hoch dekorierte Army-Mitglieder nebst Ehepartnern, in den »Anti-Room« der Offiziersmesse an. Dort ist schon alles vorbereitet, stehen die Bediensteten bereit, sind die großen Tische eingedeckt und das Licht gedämpft, um das siebengängige Menu mit karamellisiertem Schweine-Filet an Calvados-Apfel-Sauce oder das Gemüse-Medley zu servieren.
Durch kleine Luken, die später wieder verschlossen werden, können die Gäste die Musiker auf der Empore sehen - und hören. »The Roast Beef of Old England« heißt das Stück, das traditionsgemäß so lange gespielt wird, bis auch der letzte Gast auf seinem Stuhl Platz genommen hat. Dann schweigt die Musik, und der Pastor spricht feierlich das Tischgebet. Danach beginnt der Musikzug wieder, intoniert seine ruhigen Stücke, »Dream a Little Dream of me«, »Heal the World«, »The Great Highland Pipes«. Und weil es dafür von den schottischen Offizieren viel Beifall gibt, setzen die Musiker mit der »Highland Cathedral« noch einen drauf.
Der Song gefällt auch Truppen-Commander Lloyd Davies, der an diesem Abend die Musiker begleitet und bis vor ein paar Jahren selbst Bass-Gitarre gespielt hat. Er erhebt sich, wie alle anderen Gäste, von seinem Stuhl, als die Toasts gesprochen werden und die britische Nationalhymne erklingt.
Natürlich spielen die Musiker beim Gala-Dinner auch flotte Stücke - später. Und in einer Pause zeigt Wayne Tucker das Turmzimmer von Hermann Göring, von dem bis heute niemand sicher weiß, ob es stimmt, dass er dort einen der Balken präparieren ließ, um neu ankommende Piloten beim Zechgelage zu erschrecken, oder ob dies doch eine Idee der ersten britischen Streitkräfte ab 1945 war. Auch Lloyd Davies weiß darauf keine Antwort. Die melodischen Takte des etwas später ertönenden »Regimental Quick March« des Königlichen Logistik-Corps aber kennt er genau. Es ist der Garnisonsmarsch seiner Einheit.
Zum Schluss und als kleines Dankeschön wird Wayne Tucker vom neuen Brigade-General, den er schon seit dessen Zeit als Officer Commanding kennt, auf ein Glas Portwein eingeladen. Und der leitende Offizier sagt: »Jetzt weiß ich, warum unsere Damen unbedingt euer Orchester für den heutigen Abend haben wollten«.

Artikel vom 15.06.2005