14.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kreissparkasse Halle zahlt 15 000 Euro

Prozess wegen falscher Finanzberatung: Ehepaar aus Werther und Bank einigen sich auf Vergleich

Von André Best
Hamm/Halle (WB). Die Kreissparkasse Halle hat sich in dem Gerichtsstreit wegen falscher Finanzberatung verpflichtet, einem älteren Ehepaar aus Werther 15 000 Euro zu zahlen. Vor dem 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm stimmten die Parteien gestern dem Vergleichsvorschlag des Gerichts zu.

Stapelweise Akten haben sich in dem nunmehr fünf Jahre andauernden Finanzstreit angehäuft. Die Kläger aus Werther waren zum Gerichtstermin sogar mit einem fahrbaren Koffer erschienen. Darin befand sich nicht etwa Urlaubsgepäck, sondern zahlreiche Aufzeichnungen und Unterlagen sowie Beweismaterial einer für beide Parteien wohl denkwürdigen Auseinandersetzung um jede Menge Geld.
Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen. Die heute 60 und 59 Jahre alten Eheleute, seit mehr als 30 Jahren Kunden der Kreissparkasse, wollten Ende 1999 20 000 Mark anlegen. Das Geldinstitut verkaufte den Kunden jedoch nach und nach mehrere Kredite, darunter auch ein Baufinanzierungsdarlehen, obwohl das Paar nicht beabsichtigte zu bauen. Mit dem geliehenen Geld wurden Aktienpakete erworben, unter anderem hochspekulative Unternehmensbeteiligungen am »Neuen Markt«. Am Ende waren die Kurse im Keller und die Verluste hoch. Die Summe sämtlicher Kredite belief sich auf 200 000 Mark.
Die Wertheraner verklagten »ihre« Bank. Sie fühlten sich falsch beraten. Sie hatten der Bank vertraut. Vor dem Landgericht Bielefeld bekamen die älteren Leute Ende 2004 zumindest hinsichtlich des ersten Kredits (ca. 30 000 Mark) Recht. Die Kreissparkasse ging daraufhin in Berufung, weil sie sich bis zuletzt im Recht sah.
Gestern nun der Prozess vor dem Oberlandesgericht Hamm - am Ende gab es weder Gewinner noch Verlierer. Die Richter bestätigten im Kern das erste Urteil. Die Bank habe die Kunden nicht sorgfältig genug beraten, so die Begründung der Richter. Auf die Risiken von hochspekulativen Aktien hätte die Kreissparkasse deutlicher hinweisen müssen. Eine Zahl belegt besonders eindrucksvoll, in welchem Ausmaß in diesem Fall mit Aktien spekuliert wurde. Innerhalb eines Jahres wurden mehr als 400 Aktientitel gekauft oder verkauft. Häufig seien mehrere Wertpapiere innerhalb eines einzigen Tages erworben und wieder veräußert worden, sagte der Vorsitzende Richter.
Dennoch trage das Wertheraner Paar hinsichtlich der weiteren Kreditaufnahmen eine Mitverantwortung. Denn: Wer einen Kredit aufnimmt, tue das auf eigenes Risiko, so das Gericht.
Während das Ehepaar aus Werther einen Schlussstrich unter einem nervenaufreibenden Finanzstreit ziehen kann, muss sich die Kreissparkasse noch in einem zweiten Fall wegen falscher Beratung vor dem Oberlandesgericht verantworten. Hier hatte das Kreditinstitut in erster Instanz in vollem Umfang verloren. Kläger sind ältere Eheleute aus Halle. Sie hatten 130 000 Mark als Alterssicherung anlegen wollen. Die Kreissparkasse empfahl auch ihnen Aktien. Am Ende war das Geld nur noch die Hälfte wert. Der Gerichtstermin steht noch aus.

Artikel vom 14.06.2005