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Nirgül sucht engagiertes Gesicht

WESTFALEN-BLATT-Leser entscheiden, wen Künstlerin bei »rollender Kunst« zeigt

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »Es ist wie eine Soße, die man kocht, schmeckt und merkt, dass etwas fehlt.« Nirgül Kantar hat gemerkt, was fehlt. Es sind engagierte Gesichter. Sie will die Bilder von Menschen, die sich für Kinder einsetzen, bei ihrem Projekt »Rollende Kunst« zeigen. 14 Tage wird sie täglich 10 Stunden jeweils 42 Kilometer von Minden nach Berlin gehen und dabei auf einer Staffelei auf Rädern die »engagierten Gesichter« hinter sich her ziehen.

Die »engagierten Gesichter« aus Schloß Holte-Stukenbrock werden vier Erzieherinnen aus den Kindergärten Edith Stein, Versöhnungskindergarten, Laubhütte und Holtebrocker Spielhaus sein. Das allein reicht der Künstlerin, die eine Galerie in Schloß Holte-Stukenbrock hat, aber nicht. Sie sucht die Persönlichkeiten, die sich abseits der öffentlichen Beachtung um Kinder kümmern. Und die sollen WESTFALEN-BLATT-Leser vorschlagen. Derjenige, den Nirgül Kantar dann malt, wird per Los bestimmt. Die Vorschläge nimmt das WESTFALEN-BLATT bis Freitag, 17. Juni, unter Telefon 91 32 12 ab Montag, 11 Uhr, entgegen. Nirgül wird dann nach einem Foto das Gesicht malen und das Bild am Samstag, 25. Juni, von 10 bis 18 Uhr auf dem Holter Kirchplatz vollenden. Das wird eins der 48 engagierten Gesichter sein, das die Künstlerin im zweistündigen Wechsel in der »Rollenden Kunst« zeigt.
Diese Aktion will Nirgül Kantar in den Städten entlang der Route Minden - Berlin wiederholen. Und deshalb hat sie ihren 14-fachen »Marathon« verschoben. Nicht im Juli, sondern vom 1. bis 14. Oktober laufe ich nach Berlin. Da ich völlig unabhängig bin, kann ich das frei entscheiden.«
In Schloß Holte-Stukenbrock wird die 35-jährige Künstlerin »das« engagierte Gesicht aus Namenszetteln am Sonntag, 19. Juni, um 11 Uhr vor der Geschäftsstelle des WESTFALEN-BLATTes am Holter Kirchplatz ziehen. Vielleicht kann sie dann schon den Menschen hinter dem Gesicht kennen lernen und sagen »Das ist sie« oder »Das ist er«. Die 48 Bilder der engagierten Gesichter sind übrigens unverkäuflich. »Ich ziehe die Bilder auf einer rollenden Staffelei, die das Ingenieurbüro Raunest aus Schloß Holte-Stukenbrock für mich angefertigt hat, um als Künstlerin Danke zu sagen. Ich bin stolz, engagierte Menschen kennen gelernt zu haben - tolle Menschen, die für die zukünftige Generation arbeiten. Mein Einsatz ist nichts gegenüber dem, was diese Menschen machen.«
Während die Portraits in ihrem Besitz bleiben, werden 26 Bilder von Kindern im Internet versteigert. Fünf Kindergärten aus Petershagen haben sich beteiligt, die Wichernschule Minden, das SOS-Kinderdorf Schieder-Schwalenberg haben schon gemalt. Vier Bilder aus Schloß Holte-Stukenbrock werden die Ausstellung bereichern. Kinder des Edith-Stein-Kindergartens, des Versöhnungskindergartens, der evangelischen Teiltagesstätte Laubhütte und das Holtebrocker Spielhaus werden zum »Music Painting« am Sonntag, 26. Juni, ab 15 Uhr an den Sammelteichen unter der Anleitung von Nirgül jeweils ein Bild malen. Mitbringen brauchen die Kinder nur einen Pinsel und einen Malkittel, die Künstlerin stellt pro Kindergarten eine ein mal 1,20 Meter große Leinwand und Farbe. Der Erlös der Bilder kommt jedem einzelnen Kindergarten in voller Höhe zugute. Nirgül wird die Bilder an die Käufer (Mindestgebot 160 Euro) übergeben. Die Versteigerung im Internet beginnt fünf Tage nach ihrem Start in Minden.
Die »Rollende Kunst« verfolgt einen guten Zweck. Sponsoren werden gesucht, die 50 Cent pro Kilometer zahlen, den Nirgül im Oktober zurücklegt. Das Geld geht an den Elternverein krebskranker Kinder in Minden und an das SOS-Kinderdorf in Schieder-Schwalenberg.
Am 14. Oktober werden die engagierten Gesichter die Frau am Brandenburger Tor erwarten. Ehrenamtliche Helfer stellen sie auf Staffeleien dort auf. Durchs Tor trägt sie ein eigenes Bild, ein Rausch in Rot und Gold. Die Strecke geht Nirgül übrigens zum zweiten Mal. Unter ärztlicher Aufsicht ist sie die Tagesetappen bereits abgegangen. »Ich kenne keine Hindernisse«, sagt sie. Als sie im Park Sanssouci vor einem verschlossen Tor stand, ist sie einfach darüber geklettert.

Artikel vom 11.06.2005