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Historisches Handwerk
wird wieder lebendig

Einweihung am 18./19. Juni in Hövelhof - Kein Museum

Von Jürgen Spies
Hövelhof (WV). Als die Mitglieder des plattdeutschen Kreises Hövelhof vor knapp sechs Jahren mit dem Aufbau eines Hauses des historischen Handwerks liebäugelten, ahnte niemand, dass aus dieser Idee einmal ein Projekt werden würde, dass in der weiten Region seinesgleichen sucht. Was dieses Haus nun alles beherbergt, was dort alles demonstriert und gezeigt werden kann, wird der Öffentlichkeit am nächsten Wochenende, 18./19. Juni, anlässlich der Einweihung vorgestellt.

Von Anfang an stand fest, dass dieses Haus kein Museum im klassischen Sinne werden sollte. »Uns kam es immer darauf an, dass es Aktionen und Demonstrationen geben muss«, berichtet Werner Höddinghaus, Vorsitzender des plattdeutschen Kreises im Volksbildungswerk (VBW), zumal ein »lebendiges« Haus die Akzeptanz steigert. Der 1973 gegründete plattdeutsche Kreis hatte bis Ende der 90er Jahre schon so viele Exponate aus dem früheren Leben und Arbeiten der Menschen im Senneraum zusammengetragen, dass eine Trennung der Bereiche Haus- und Landwirtschaft vom handwerklichen Teil schon allein aus räumlichen Gründen beinahe zwangsläufig erschien.
»Wenn schon - denn schon« sagten sich die Hövelhofer und wählten als Slogan »Wir bauen das Haus des historischen Handwerks für Ostwestfalen-Lippe/OWL«. Umfang und Qualität der immer umfangreicher gewordenen Sammlung lassen es durchaus zu, dass dieses Haus für ganz OWL und darüber hinaus eine Anlaufstätte für diejenigen sein wird, die sich dafür interessieren, wie und mit welchen Gerätschaften früher die Handwerker gearbeitet haben.
Das Eröffnungswochenende beginnt am Samstag, 18. Juni, um 14 Uhr mit einem Festakt samt kirchlicher Segnung. Zur Untermalung spielt das Akkordeonorchester im VBW. Willkommen sind alle Interessierten, ebenso am Sonntag, 19. Juni, wenn es um 10 Uhr mit einem Frühschoppen weiter geht. Für Unterhaltung sorgt das Jugendblasorchester Hövelhof, mittags wird gegrillt.
Am Eröffnungswochenende werden nahezu alle Gewerke in Betrieb genommen. Folgende Berufszweige können erlebt werden: Schmiede, Schlosser, Holzschuhmacher, Schuhmacher, Stellmacher, Schreiner, Zimmerer, Wandwacher (Flechtwerk und Lehm), Korbflechter, Steinmetz, Haarscherer (Friseur), Spinnen, Weben, Flachsfasergewinnung, Hutmacher, Stoffdruck, Seiler sowie die »Apotheke wie vor 100 Jahren«, übrigens eine neue Sammel-Errungenschaft.
Weil das Haus des historischen Handwerks ganz bewusst kein Endstadium haben soll, denken die Organisatoren daran, demnächst noch weitere Handwerke zu präsentieren. »Zumindest an Aktionstagen könnten es dann bis zu 30, 35 Handwerkszweige sein«, erklärt Franz Berens.
Regelmäßige Öffnungszeiten gibt es derzeit nicht. Wer das Haus besichtigen möchte, kann sich mit Werner Höddinghaus, Tel.: 05257/2911, in Verbindung setzten. Sogar unangemeldete Gruppen müssen keine Sorge haben, vergeblich zur Staumühler Straße gekommen zu sein. In einem Schaukasten am vorgelagerten Heimathaus hängt eine Telefonnummer aus, die angewählt werden kann, »und fünf Minuten später ist jemand von uns zur Stelle«, so Berens. Dieser Service gilt an Wochenenden, samstags und sonntags, jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr.
Großen Wert legen die Mitglieder des plattdeutschen Kreises auf die Feststellung, dass ohne die überwältigende Unterstützung der vielen Helfer, Förderer, Unterstützer und Spender das Haus keinesfalls hätte errichtet werden können. Deutlich wird dies an folgenden Fakten: Veranschlagt war der Bau des Hauses (umbauter Raum: 2000 Kubikmeter) mit einer Summe von etwa 400 000 Euro. »Wir besaßen ganz zu Beginn aber keinen Pfennig!«, bemerkt Werner Höddinghaus. Als die Anschubfinanzierung stand - beteiligt waren hier die Gemeinde Hövelhof sowie Altbürgermeister Heinz Sallads - griff ein Rädchen ins andere. Firmen überwiesen Spenden, Privatleute packten ins Portmonee, die Sparkassenstiftung Paderborn half mit, in der Bauphase gewährten Betriebe auf vielfältige Weise in herausagender Weise Rückendeckung, die Kreisverwaltung stand dem Projekt wohlwollend gegenüber, das Arbeitsamt gewährte ein ABM-Projekt (»Arbeiten und Lernen«), viele Helfer packten an, schufteten in Eigenleistung, so dass keine Löhne fällig wurden. . . Diese Aufzählung ist noch lückenhaft. »Es war schon klasse, was alles geleistet wurde. Nur ein Beispiel: Manche Helfer haben jeweils 400 bis 500 Stunden hier gearbeitet«, sind Berens und Höddinghaus froh, dankbar und stolz auf alle, die zur schuldenfreien Realisierung beigetragen haben. Nicht zu vergessen die Vereine, allen voran der plattdeutsche Kreis, die Schützenbruderschaft, die Kolpingfamilie und der Wanderverein.

Artikel vom 11.06.2005