10.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

In Westfalen war
alles viel teurer

Private Bahnsanierung drückt Kosten

Von Klaus-Peter Schillig
Altkreis Halle (WB). Wenn heute in Dissen das niedersächsische Teilstück der Haller-Willem-Strecke freigegeben wird, dann ist der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) ein ehrgeiziges Vorhaben gelungen: der Beweis, dass eine private Gesellschaft preiswerter arbeitet als die Deutsche Bahn.

16,5 Millionen Euro wird die Sanierung der 20,1 Kilometer zwischen Dissen und Osnabrück-Hörne, der Einfädelung in die Hauptstrecke, kosten. »Und wir liegen keinesfalls über diesem Kostenansatz«, ist sich Jürgen Werner, Betriebsleiter der Verkehrsgesellschaft Landkreis Osnabrück (VLO) sicher. Für dieses Geld hat die VLO, eine privatrechtlich organisierte »Tochtergesellschaft« des Landkreises, das Schotterbett erneuert, die alten gegen neue Y-Schwellen ausgetauscht und auch neue Schienen verlegt Insgesamt fünf Haltepunkte an der Strecke (Sutthausen, Oesede, Kloster Oesede, Wellendorf und Hilter) erhielten neue Bahnsteige und Wartehäuschen inklusive einer roten Stele mit der Aufschrift »Haller Willem«, zahlreiche Bahnübergänge mussten gesichert, eine Brücke saniert und drei abgerissen. Außerdem ist die Strecke mit der zurzeit modernsten Stellwerks- und Signaltechnik ausgestattet.
Auf westfälischer Seite, zwischen Bielefeld und Dissen, wurde es ebenfalls versucht mit der technischen Vorreiterrolle. Die Bahn und ihr Partner Siemens bekamen den viel versprechenden Funkfahrbetrieb aber nie zur Genehmigungsreife. Die vom Land schon gezahlten Zuschüsse von 2,2 Millionen Euro speziell für die Entwicklung hat die Bezirksregierung bereits von der Bahn zurückgefordert und erhalten.
Das allerdings ist nur ein Bruchteil der Summe, die in Nordrhein-Westfalen für den »Haller Willem« ausgegeben wurde: 38 Millionen Euro, inklusive Wohnbauförderung. In der Expo-Euphorie schöpfte die Bahn aus dem Vollen - und das Land zahlte. Für die knapp 30 Kilometer kostete allein die Erneuerung des Schienenstrangs 8 Millionen Euro. Auch die Sicherung der Bahnübergänge war in NRW wesentlich teurer: 260 000 bis knapp 300 000 Euro waren damals pro Gemeindestraße veranschlagt, die moderne kombinierte »BüStra«-Anlage am Haller Bahnhof (Ampel- und Schrankenregelung für Bahnübergang und Straßeneinmündung) war sogar mit fast 400 000 Euro veranschlagt.
Niedersachsen macht auch das billiger: Zwischen 100 000 für eine einfache Signalanlage und 300 000 Euro, ebenfalls für eine BÜStra-Anlage, sind für die sicheren Bahnübergänge veranschlagt. An den Haltepunkten schützt ein einfaches Wartehäuschen die wartenden Fahrgäste, in Nordrhein-Westfalen sind es teure »DB-Pluspunkte«. »Die kosten fast soviel wie ein Einfamilienhaus«, weiß ein Bahn-Insider.

Artikel vom 10.06.2005