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Wenn Wäsche steif war wie ein Brett

Neuenbekener Senioren sollen für lebendige Ortschronik aus ihrer Jugend erzählen

Von Rüdiger Kache (Text und Foto)
Paderborn-Neuenbeken (WV). Wenn Else Tilly »von früher« erzählt, verblasst die Gegenwart. So lebendig, so gegenwärtig sind die vielen kleinen Anekdoten und das Alltagsleben aus dem »alten Neuenbeken«, dass man ihr stundenlang zuhören möchte. Um das Wissen um die Ortsgeschichte auch folgenden Generationen zugänglich zu machen, will die Arbeitsgemeinschaft der Vereine ältere Bürger jetzt systematisch befragen.

Der Neuenbekener Ortsvorsteher Helmut Pütter hatte die Idee für diese »lebendige Chronik« und zusammen mit Josef Grote, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Vereine, soll jetzt zügig mit der Aufarbeitung und Erfassung begonnen werden. Am Mittwoch, 15. Juni, 16 Uhr, ist in der Beketalhalle ein Treffen, zu dem alle Neuenbekener Bürgerinnen und Bürger eingeladen sind, die ihre ganz persönlichen Eindrücke und Erinnerungen für dieses beispielhafte Heimat-Projekt preisgeben wollen. Angedacht ist neben Ton- und Videoaufzeichnungen auch ein Buch mit dem Titel »So lebte man früher in Neuenbeken«.
»Interessant sind alle Bereiche des dörflichen Lebens«, verweisen Pütter und Grote auf Gesprächskreise, die nahezu alle Lebenssituationen abdecken: Landwirtschaft, Kleinlandwirtschaft (Ziegen- und Kuhbauern), die Eisenbahn, Wasser- und Energieversorgung, Kirche und Kloster, Handwerk, Handel und Gewerbe, Kindergarten und Schulwesen - aber auch Vereine und Organisationen, Polizei und Obrigkeit, die Frauen im Dorf, medizinische Versorgung und Verwaltung, Steuern Statistik sollen durchleuchtet werden.
Gesucht werden auch alte Fotos, die das Leben anno dazumal dokumentieren. »Vielleicht findet sich auch ein Student, der uns helfen und die Ergebnisse dann für eine Diplomarbeit verwerten kann«, hofft Helmut Pütter auf möglichst viele Mitstreiter und eine möglichst professionelle Aufarbeitung.
Wie war es denn eigentlich früher in Neuenbeken, etwa wenn Waschtag war? Else Tilly, die als Else Driller, genannt Bussen (oder kurz Bussens Else) als Tochter eines Hauermeisters und Enkelin des Ortspolizisten Weihnachten 1930 das Licht erblickte, weiß es noch ganz genau: »Wir hatten damals schon eine Wachmaschine mit Holzbottich. Aber der Waschtag begann am Vorabend mit dem Einweichen.« Mit dünnen Braken - Ästen aus Baumkronen - wurde geheizt. Dass immer ein Feuerchen unterm Kessel loderte - dafür waren die älteren Kinder zuständig. »Jeder, auch wir Kinder, hatten unsere Aufgaben.«
Henko zum Einweichen, Waschen mit Persil, Bleichen mit Sil - und Stärken mit Hoffmann«s - Namen, die man heute noch kennt. Nach dem Waschen wurde in Fässern gespült und dann an der Leine getrocknet. »Bei Frost war alles steif wie ein Brett.« Solche Geschichten aus dem Alltag sind es, die man festhalten möchte. Jeder kann am Mittwoch mithelfen, dass die Neuenbekener Ortschronik zum Bestseller wird.

Artikel vom 11.06.2005