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Prozess gegen
Einkaufsdirektor

Anklagt: Korruption und Erpressung

Halle/Bielefeld (SKü). Der ehemalige Einkaufsdirektor des Haller Süßwarenriesen Storck wird sich in wenigen Tagen vor Gericht verantworten müssen. Dieter M.(55) werden Vorteilsnahme und Erpressung sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Dadurch soll in der Summe ein Schaden von einer Million Euro entstanden sein.

Der von Storck im Juni 2004 fristlos gefeuerte Einkaufsdirektor aus Enger sitzt seit Dezember in Untersuchungshaft. Am Mittwoch, 15. Juni, 9.30 Uhr beginnt vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichtes Bielefeld der Prozess (Fortsetzungen am 17. und 20. Juni). Oberstaatsanwalt Eckhard Baade von der Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen hat eine 57-seitige Anklageschrift erarbeitet, in der Dieter M. insgesamt 38 Straftaten zwischen 1999 und 2004 vorgeworfen werden. In 33 Fällen ist Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in einem besonders schweren Fall, weil gewerbsmäßig, angeklagt. Bei 23 dieser 33 Taten soll außerdem Erpressung im Spiel gewesen sein. Als Vorteilswert, den sich der Einkaufsdirektor verschafft haben soll, nennt die Anklage 588 000 Euro. Hinzu soll eine Steuerhinterziehung in Höhe von 442 000 Euro kommen (Zeiraum 98-02).
Der Ex-Einkaufsdirektor soll das Geld von Storck-Lieferanten für die Ausweitung von Geschäftsbeziehungen gefordert haben. Von einer Molkerei in Warmsen (Südniedersachsen) soll er 400 000 Euro gefordert und bekommen haben, soll mit Abbruch der Geschäftsbeziehungen erpresst haben. Die Molkerei ist mittlerweile insolvent. Zur Verschleierung der Geldbeschaffung soll M. eigens eine Beratungsfirma gegründet haben. Der Molkereibesitzer soll außerdem auf Druck für mehr als 100 000 Mark aufwändige Arbeiten an M. Privathaus in Enger-Pödinghausen durchgeführt haben.
Weiterhin soll ein Nusslieferant 50 000 Euro gezahlt haben und dazu gebracht worden sein, von M. ein Jagdhaus in Mecklenburg-Vorpommern zu kaufen, das dieser aber weiterhin benutzen konnte. Schließlich soll ein Kakaolieferant 62 000 Euro gezahlt haben, wobei diese Zahlungen als Marktrecherchen kaschiert worden sein sollen.
Von einem Verpackungslieferanten schließlich soll der Einkaufsdirektor 1,5 Prozent des Umsatzes gefordert haben, damit dieser bei einem laufenden Vergabeverfahren den Zuschlag bekommen könne. Diese Forderung hätte seinerzeit mehr als 400 000 D-Mark ausgemacht. Der Verpackungslieferant ließ sich jedoch auf das »Geschäft« nicht ein.
Das Ermittlungsverfahren gegen M. kam nach seiner Entlassung bei Storck durch eine anonyme Anzeige bei den Finanzbehörden in Gang. Der Angeklagte, der nach einem Haftprüfungstermin im April weiter im Gefängnis blieb, wechselte inzwischen den Anwalt und wird jetzt durch Dr. Holger Rostek (Bielefeld) vertreten.

Artikel vom 09.06.2005