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Rechtsanwältin Katrin Wesseler (41) aus der Kanzlei Schirneker-Reineke & Rensing in Bad Salzuflen ist auf den gesamten Bereich des Familienrechts spezialisiert: Eheverträge, Scheidungsverfahren, Unterhaltsstreitigkeiten, etc.

Wenn Ehe in die Brüche geht

Eine Trennung kann weit reichende juristische Konsequenzen haben

Von Katrin Wesseler
Verliebt, verlobt , verheiratet - man schwebt auf »Wolke sieben«. Allerdings - wer heiratet, geht nicht nur eine Liebesbeziehung, sondern auch eine Rechtsbeziehung ein, die mehr gesetzliche Konsequenzen hat, als viele ahnen. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gilt automatisch das Bürgerliche Gesetzbuch.

Durch einen Ehevertrag kann die nicht immer zu individuell gerechten Lösungen führende Gesetzeslage abgeändert, die Rechtsgrundlagen der Ehe können selbst fixiert werden. Das gilt »in guten wie in schlechten Tagen«. Es ist zu unterscheiden zwischen vorsorgenden Eheverträgen und Trennungs- und Scheidungsfolgenverträgen:
Die vorsorgenden Eheverträge werden bereits vor Eheschließung oder während funktionierender Partnerschaft abgeschlossen. Obwohl beide glücklich sind und davon ausgehen, dass nur der Tod und nicht der Richter die Ehe scheidet, werden für das eheliche Zusammenleben und/oder für den Fall des Auseinandergehens Regelungen getroffen. Viele denken »Wie unromantisch, wer denkt schon an Trennung, wenn man sich liebt?«.
Achtung - jede dritte Ehe hält nicht, Tendenz steigend! Von unromantisch kann also keine Rede sein, sondern von klugem Vorgehen. In glücklichen Tagen lassen sich leicht gerechte und ausgeglichene Lösungen per Ehevertrag finden »für den Fall der Fälle«. Es können im vorsorgenden Ehevertrag folgende Regelungen getroffen werden: Die Wahl des Ehenamens, die Rollenverteilung in der Ehe, die Vermögenszuordnung in der Ehe, Aufhebung von gesetzlich vorgesehenen Verfügungsbeschränkungen bezüglich des Vermögens und des Hausrates, die Beteiligung der Eheleute am Familienunterhalt, der Unterhalt nach der Scheidung, den Rentenausgleich, genannt Versorgungsausgleich anlässlich der Scheidung, Rückabwicklungen von Zuwendungen/Schenkungen für den Fall des Scheiterns der Ehe, Hausratsverteilung und Vereinbarungen zur Ehe-Wohnung anlässlich der Scheidung sowie bei Ausländerbeteiligung soweit möglich Rechtswahl, ob ausländisches oder deutsches Recht Anwendung findet.
Wenn dann das berühmte Kind in den Brunnen gefallen ist, dreht es sich hauptsächlich um das liebe Geld: Kinder und Ehegatten wollen unterhalten, etwaiger Zugewinn auf Seiten eines Ehegatten muss ausgeglichen, Verteilung von Pkw und Schulden sowie Immobilienverbleib müssen geklärt werden. Man kann sich unschwer vorstellen, dass in den meisten Fällen Streit darüber programmiert ist, der dann vor Gericht landet - ein für die Eheleute teures Unterfangen.
Die Trennungs- und Scheidungsfolgenverträge stehen für den besseren Weg: Die frühe Regelung der notwendigen Angelegenheiten anstatt der langwierigen Gerichtsprozesse führt zu einer Beruhigung der oft nervenaufreibenden Situation, vorhandenen Kindern bleibt die psychische Belastung von Gerichtsverfahren erspart und die Anwalts- und Notarkosten für die Erstellung eines Trennungs- und Scheidungsfolgenvertrages sind zumeist niedriger als die Kosten für Gerichtsverfahren.
Ein Überblick über die Vereinbarungsmöglichkeiten: Wechsel des Güterstandes, z.B. von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung, bei Bestehen der Zugewinngemeinschaft Zahlung des Zugewinnausgleichs, Auseinandersetzung der eventuell bestehenden Grundstücksgemeinschaft, z.B. Übertragung einer Haushälfte auf den anderen Ehegatten, Übernahme der Schulden, Ehewohnungsnutzung, Hausratsverteilung, Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt, Unterhalt nach der Scheidung, Rentenausgleich (Versorgungsausgleich), z.B. Ausschluss elterlicher Sorge bei Kindern sowie Ausschluss des Ehegattenerbrechts/Pflichtteilrechts in Kombination mit einem Erbvertrag. Der Ehevertrag kann vor wie auch während der Ehe, aber auch nach einer Trennung abgeschlossen werden.
Die notarielle Form des Ehevertrages ist erforderlich, wenn der Vertrag folgende Regelungen enthält: die Wahl des Güterstandes, z.B. Gütertrennung, Regelungen zum Rentenausgleich/Versorgungsausgleich, Regelungen zum Zugewinnausgleich, Grundstücksübertragungen bei Ausländerbeteiligung, Vereinbarung der Rechtswahl.
Vereinbarungen über den Unterhalt bedürfen zwar nicht der notariellen Form, aber was nützt die beste Vereinbarung, wenn das Geld trotzdem nicht kommt? Druck für den Unterhaltsschuldner entsteht durch die Zwangsvollstreckungsklausel, die aber nur notariell vereinbart werden kann. Sobald der Ehevertrag auch nur eine Regelung enthält, die der notariellen Beurkundung bedarf, unterliegt der gesamte Ehevertrag der Beurkundungspflicht.
Selbstverständlich kann der auf Familienrecht spezialisierte Rechtsanwalt auch die Eheverträge besprechen und entwerfen, für die eine notarielle Beurkundung erforderlich ist: Wichtig ist die eingehende Beratung über den Inhalt des Ehevertrages, der den individuellen Belangen der (werdenden) Eheleute (gegebenenfalls mit Kindern) angepasst werden muss.
Apropos individuell - für jede Konstellation gibt es Besonderheiten zu beachten: Bei einer »Doppelverdiener-Ehe ohne Kinder« ist es nahe liegend, den nachehelichen Unterhalt auszuschließen oder zumindest zeitlich oder in der Höhe zu begrenzen. Ebenso verhält es sich mit dem Rentenausgleich, der ausgeschlossen werden kann. Sollte allerdings bei Ehevertragsabschluss nicht ausgeschlossen sein, dass noch Kinder aus der Ehe hervorgehen, sollte der Rentenausgleich nur für die Zeit der beiderseitigen Berufstätigkeit ausgeschlossen und der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt nur unter der Bedingung der Kinderlosigkeit vereinbart werden. Für den Fall »kurze Ehedauer« kann in einem Ehevertrag z. B. der nacheheliche Unterhalt ausgeschlossen werden, wenn die Ehe weniger als fünf Jahre dauert; Ansprüche der Ehegatten können somit an eine Mindestdauer der Ehe angeknüpft werden. Schon bei der Heirat oder durch Erbschaft »vermögende Eheleute« haben zu beachten, dass zwar dieses Vermögen ihnen im Scheidungsfalle allein zusteht, aber etwaige Wertsteigerungen dieses Vermögen betreffend in den Zugewinnausgleich fallen. Dieser Wertzuwachs wäre ohne Ehevertrag auszugleichen bei einer Scheidung.
Die Ehe »Unternehmer und Freiberufler« schreit geradezu nach einem Ehevertrag: Baut ein Ehegatte während der Ehezeit ein Unternehmen auf und scheitert die Ehe, fällt der Wert des Unternehmens in die Vermögensauseinandersetzung. Die Durchführung eines Zugewinnausgleichs im Scheidungsfalle kann die Firma in den Ruin treiben. Ist einer der Ehegatten bei Eheschließung verschuldet, sollten bei Schuldentilgung des anderen Ehegatten zur Vermeidung von Ungerechtigkeiten Regelungen durch Ehevertrag getroffen werden.
Bei wiederverheirateten älteren Eheleuten, die versorgt und wirtschaftlich selbstständig sind, ist anzuraten, einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht und den Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung zu vereinbaren, bei jeweils eigenen Kindern aus früheren Verbindungen bietet sich zusätzlich ein Erbvertrag mit gegenseitigem Erb- und Pflichtteilsverzicht an.
Bei Ehen mit großem Vermögens- und Altersunterschied kann im Falle des Scheiterns der Unterhaltsanspruch nach gesetzlichen Maßstäben so üppig sein, dass Handlungsbedarf besteht: Im Ehevertrag können eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts, auch andere Absicherungen wie Unterhaltsabfindungen, vereinbart werden.
Immer öfter gibt es Ehen mit unterschiedlicher Nationalität der Ehepartner. Dann sollte zur Schaffung von absoluter Rechtssicherheit in einem Ehevertrag festgelegt werden, ob bezüglich der allgemeinen Wirkungen der Ehe und bezüglich der Vermögenssituation deutsches oder ausländisches Recht gelten soll.

Artikel vom 18.06.2005