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Wie witzeln Statistiker?

Staunen über Höhe des Familieneinkommens

Der deutschen Durchschnittsfamilie geht's gut - nach der Statistik.

Zu der Berichterstattung über angebliche Spitzeneinkommen von Familien:
In der Tat, man staunte nicht schlecht über die Nettoeinkommen der Familien: mit drei Kindern 4364 Euro oder 873 Euro pro Kopf. Ein Blick in die Seiten des Statistischen Bundesamtes aber zeigt: Das bundesdurchschnittliche Arbeitnehmereinkommen brutto (Facharbeiter, Sachbearbeiter) liegt für 47 Prozent der Lohnbezieher bei 2623 Euro (Männer), 1980 Euro (Frauen). Das ergibt Familieneinkommen aus Löhnen in Höhe von 2796 Euro netto, wenn beide Eltern erwerbstätig sind (LStKl I/IV) oder 1836 Euro, wenn nur einer erwerbstätig ist (LStKI III). Hinzu kommen 154 Euro je Kind. Für eine fünfköpfige Familie ergibt sich dann mit 652 Euro beziehungsweise 488 Euro pro Kopf eine bedenkliche Nähe zum Arbeitslosengeld II. Neben diesen 47 Prozent liegen 19 Prozent unter diesen Nettoeinkommen, 15 Prozent im Bereich von 3000 bis 5000 Euro netto, weitere 12 Prozent zwischen 5000 und 18 000 Euro netto. Nicht aufgeführt: sieben Prozent oberhalb 18 000 Euro netto monatlich.
Wie witzeln Statistiker? Wenn man mit einem Fuß in kochendem Wasser, mit dem anderen in der Tiefkühltruhe steht, was empfindet man dann? Richtig, eine durchschnittlich wohltuende Raumtemperatur! Warum die Neigung zur Veröffentlichung ausschließlich der höchstmöglichen Durchschnittswerte? Das Statistische Bundesamt ist eine der Bundesregierung unterstellte Behörde. Hier scheint angesichts der aufkommenden Diskussion um mehr Gerechtigkeit für Familien - wie immer vor Wahlen - die Absicht durch: Seht her, wie gut es doch den Familien in Deutschland geht! Müssen die wirklich immer mehr fordern?
Täuschung und Verwirrung säen ist nun mal das Geschäft der Politiker. Muss man wirklich noch fragen, warum wir diesen »Typen« so wenig vertrauen?
DAGMAR FELDMANN34414 Warburg-Bonenburg

Artikel vom 10.06.2005