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Martinshaus: kein
»Blanko-Scheck«

Hauptausschuss vertagt Entscheidung


Von Stefanie Westing
Espelkamp (WB). Erneut vertagt wurde gestern die Entscheidung, wie es mit dem Martinshaus weitergeht. Die Mitglieder des Hauptausschusses sahen noch Beratungsbedarf.
Marko Clauder, Vorsitzender des Fördervereins, erinnerte daran, dass sich das Haus zu einem Schandfleck entwickeln kann, wenn keine Lösung gefunden wird. »Wir wollen eher ein Schmuckstück daraus machen«, betonte er und zitierte aus einem Brief des Kreis-Museumsvereins, der die Einrichtung einer Begegnungs-, Bildungs- und Forschungsstätte als Bereicherung für die Region bewertete, »die ihresgleichen nicht findet«. Außerdem werde alles, was sich um Migration dreht, in den nächsten 30 bis 50 Jahren an Bedeutung gewinnen, weil die demographische Entwicklung es erforderlich mache, jährlich 200 000 Migranten aufzunehmen, wolle Deutschland nicht zum »Raum ohne Volk« werden. Er wisse aber, dass das Projekt Opfer von der Stadt verlangen würde, denn nicht alles sei durch Förderung oder Sponsoring zu lösen.
Hier machte Wilfried Windhorst, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, das Problem aus. »Wir sehen kaum Spielraum für die Stadt, weder kurzfristig noch auf längere Sicht. Der Verein will, dass sich Stadt und Kirche dauerhaft beteiligen. Bei der Kirche kann ich mir das nicht vorstellen, so dass der Löwenanteil bei der Stadt bliebe.« Übernehme die Stadt das Haus, hieße das, einen »Blanko-Scheck für die Zukunft« auszustellen. Er gab zu bedenken, dass der Stadt im Haushaltssicherungskonzept sogar für Pflichtaufgaben das Geld fehlt.
Windhorst meinte, die Stadt könne der Martins-Kirchengemeinde nicht vorschreiben, wem sie das Gebäude zur Nutzung überlasse, aber seiner Kenntnis nach sei eine andere kirchliche Institution - nach Informationen der ESPELKAMPER ZEITUNG handelt es sich um die Evangelische Allianz - an der Übernahme, Sanierung und Nutzung interessiert. Die Stadt könne sich nur dann einbringen, wenn es keine andere Möglichkeit gebe. Die Aufarbeitung der Migration könne er sich auch auf ehrenamtlicher Basis und ohne Verbindung zum Martinshaus vorstellen.
Das sah Reinhard Hülsmann, SPD-Fraktionsvorsitzender, anders. Er hielt das von Gertraud Strohm-Katzer vorgelegte Konzept aber für ein »paar Nummern zu groß« und favorisierte eine kleinere Lösung ohne künstlerisch-kreativen und gastronomischen Bereich, dafür aber mit Musikschule und VHS, während das Espelkamp-Haus verkauft werden solle.
Max Grote (CDU) sprach deutliche Worte: »Die Kirche hat kein Geld, die Stadt hat kein Geld. Wir werden uns eventuell an die Schließung von kirchlichen Gebäuden gewöhnen müssen. Die Stadt sollte nicht zum Insolvenzverwalter des Martinshauses werden.« Der Ehrlichkeit halber sollte die Stadt das Martinshaus nicht übernehmen und hoffen, dass es mit einem anderen Träger als Gottesdienstort erhalten bleibe.

Artikel vom 09.06.2005