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Gilde mit reicher Vergangenheit

Schützenverein blickt auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurück

Warburg (WB). Alle zwei Jahre feiern Warburgs Schützen ihr Schützenfest. Höhepunkte sind die feierliche Proklamation des neuen Königspaares auf einem der Warburger Marktplätze und der Umzug des Bataillons mit dem Königspaar und seinem Hofstaat durch die Stadt. Die Geschichte des Warburger Schützenwesens hat Reinhold Albaum vor einigen Jahren niedergeschrieben.

Die von den Schützen getragenen Holzgewehre sind eine Erinnerung an ihren früheren militärischen Zweck zum Schutze ihrer Stadt. Heute sind die Schützen ein friedlicher und frohgesinnter Verein, der in lockerer kameradschaftlicher Verbindung vergnügte Feste feiert. Der Einsatz für ihre Stadt erfolgt auf anderen Ebenen.
Mancher Geschichtsforscher ist schon der Frage nachgegangen, wie alt wohl der Warburger Schützenverein sei. Bisher ist es aber noch niemandem gelungen, diese Frage sicher zu beantworten. Geht man allein von der Aufgabe und dem Zweck der Schützen in früheren Zeiten aus, so muss man ihre Anfänge mit der Entstehung dieser Stadt zusammenlegen. Warburgs Entstehungsgeschichte war nämlich stets eine Geschichte von Wehrbereitschaft, Schutz- und Kriegsdienst. War doch der Diemelgau ein wichtiges Durchgangsgebiet, so dass die Bewohner in hohem Maße auf ihre Sicherheit bedacht sein mussten.
Daher wuchsen aus den ersten Wällen und Gräben ab 1260 feste Mauern und Türme. Jeder waffenfähige Bürger der Stadt wurde zum Wehrdienst verpflichtet und bekräftigte dies mit seinem Bürgereid.
Die Geschichte berichtet von manchem erfolgreichen Kampf, so die Erstürmung und Zerstörung der Holsterburg bei Calenberg im Jahre 1294, oder dem glänzenden Sieg im Jahre 1313 über den räuberischen Adel am Fuße des Desenberges.
Bereits zwei Jahre nach der Vereinigung von Alt- und Neustadt erließ der Rat im Jahre 1438 ein Kriegsreglement, das den Dienst mit der Waffe im einzelnen regelte. Die in diesem Reglement nochmals verankerte allgemeine Wehrpflicht zeigte jedoch im Laufe der Zeit immer mehr Mängel, da sie einen großen Teil unausgebildeter und unlustiger Bürger traf, deren Bewaffnung auch noch zu wünschen übrig ließ, zumal man ab 1450 auf die neu erfundenen Feuerwaffen umstellte. Der Rat sah sich daher im Jahre 1591 genötigt, aus den etwa 660 wehrpflichtigen Bürgern und den Ratsmitgliedern die tüchtigsten Männer auszuwählen und sie gewissermaßen in einem Elitekorps zusammenzufassen.
Nach dem vom Rat verfassten »Articulsbrief« handelte es sich um 180 Schützen, die an den Waffen besonders ausgebildet wurden und jederzeit einsatzbereit sein mussten. Dafür erhielten sie besondere Privilegien und eine Besoldung bei Ausmärschen. Auch ließ der Rat für sie vom Warburger Goldschmied Eisenhoit ein silbernes Kleinod anfertigen, das jedes Jahr, erstmals 1592, ausgeschossen wurde. Dieses Kleinod wird noch heute stolz von den Warburger Schützenkönigen getragen und stellt das einzige Kunstwerk dar, das von Eisenhoit in der Stadt verblieben ist.
Die Neuorganisation des Schützenwesens im Jahre 1591 wird von den Historikern, die immer eine Urkunde benötigen, als Gründungsjahr des Warburger Schützenvereins angenommen, obwohl sie gleichzeitig darauf hinweisen, dass es in der Stadt schon viele Jahre zuvor bereits Schützen gegeben haben muß. So ist in einer weiteren Urkunde aus dem Jahre 1526 von dem Bestehen eines Schützenamtes (Schützengilde) die Rede. Das Kriegsreglement von 1438 erwähnt dagegen keine Schützengilde, sondern bezieht sich nur auf alle wehrfähigen Bürger. Dies schließt das Bestehen von Schützengilden jedoch nicht sicher aus.
Die Historiker verlangen weiter für die Entstehung von Schützenvereinen eine Abgrenzung der Schützengilde von der alle Bürger verpflichtenden Miliz. Diese kommt gewiss urkundlich erstmals klar zum Ausdruck in dem »Articulsbrief« von 1591.
Der Warburger Schützenverein will sich dieses historische Datum auch gar nicht nehmen lassen, kann er doch auf eine mehr als 410-jährige Geschichte zurückblicken.

Artikel vom 10.06.2005