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Glanzstücke von Reger

Mindener Kammerchor gastiert in Marienkirche

Von Gerd Büntzly
Herford (HK). Motetten a cappella und mit Continuobegleitung erklangen am Sonntagabend vor zahlreichen interessierten Zuhörern in der Marienkirche: Der Westfälische Kammerchor Minden unter Leitung von Rainer Winkel gastierte mit einem kontrastreichen Programm auf dem Stiftberg.

Ein Sprecher verlas einige der gesungenen Texte in der Fassung der Lutherbibel, was den feierlichen Charakter des Abends betonte, aber nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre, denn die Texte lagen allen Besuchern schriftlich vor.
Die Tradition war vertreten durch Scheidt, Schütz, Purcell und Homilius, das 20. Jahrhundert mit Reger, Distler, Pepping und Hessenberg. Kurt Hessenberg (1908 bis 1994) stammte aus Frankfurt/Main und war in Leipzig Schüler von Günther Raphael, von dem noch vor kurzem Werke in der Herforder Kirchenmusikschule gespielt wurden. Von ihm sang der Chor die Motette »O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens«, die das von der Bergpredigt inspirierte Gebet des Franz von Assisi in Musik setzt.
Feierlich war die Einleitung des Konzerts mit Samuel Scheidts Motette »Duo Seraphim«. Als der Chor sich zum Text »Voll sind Himmel und Erde seiner Herrlichkeit« auf acht Stimmen steigerte, kam besonders gut der satte Bass der Männerstimmen zur Geltung.
Ein Höhepunkt des Abends waren zweifellos die beiden Motetten von Max Reger, »Der Mensch lebt und bestehet« und das »Nachtlied«, das als Zugabe erklang. Hier entwickelte der Chor eine große Spannung vom leisesten Pianissimo bis zum Forte; und mit hörbarer Lust wurden Regers harmonische Feinheiten ausgesungen.
Offenbar handelt es sich hier um Renommierstücke, mit denen der Mindener Kammerchor zu Recht auch überregional Aufmerksamkeit erregen kann. Schön war auch die Darstellung des »Vater unser« von Gottfried August Homilius (1714 bis 1785), einem lange verkannten Schüler Bachs.
Andere Stücke blieben aber sehr im Durchschnittlichen stecken: Man vernahm wenig dynamische Gestaltung, und die Blicke der Sängerinnen und Sänger waren mehr in die Noten gerichtet als zum Dirigenten.
Die Besucher bezeigten aber trotz des feierlichen Raumes und des besinnlichen Stückes »Nunc dimittis« von Purcell, das den Abschluss des Programms bildete, ihren Dank durch einen lebhaften und freundlichen Beifall.

Artikel vom 07.06.2005