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Keine gütliche
Einigung mit
Scharnowski

Krankenhaus hält an Kündigung fest

Versmold/Bielefeld (mel). »Ich nehme an, mit einer gütlichen Einigung ist nicht zu rechnen?«, unterbrach Hans-Ulrich Hoffmann, Richter am Arbeitsgericht in Bielefeld, Dr. Volker Scharnowski und Karl Wilhelm Mummert, der als Vertreter für das Versmolder Krankenhaus gestern vor Gericht erschien. Grund für den Rechtsstreit ist die fristlose Kündigung des Anästhesiearztes Dr. Scharnowski, die wegen unterlassener Hilfeleistung ausgesprochen worden sein soll.

»Dr. Scharnowski hat mit seinem Verhalten in Kauf genommen, dass ein Patient stirbt«, betonte Axel Busch, Rechtsanwalt des Versmolder Krankenhauses. Am 8. April gegen 21 Uhr rief der diensthabende Oberarzt Dr. Niko Maric bei Scharnowski an, um ihn von einer bevorstehenden Operation in Kenntnis zu setzen. Die Ärzte unterhielten sich eine Weile, weil laut Dienstvorschrift seit einigen Monaten am Versmolder Krankenhaus nicht mehr in der Zeit von 22 bis 7.30 Uhr operiert werden soll. Da es bereits nach 21 Uhr und zu erwarten war, dass eine Operation des Patienten auch nächtliche Nachversorgung nach sich ziehen würde, waren sich die Ärzte nicht einig, ob sie wirklich operieren sollen. Deshalb wurde Karl Wilhelm Mummert, Geschäftsführer des Krankenhauses, zu Rate gezogen. »Die Frau meines Mandanten hat Herrn Mummert parallel angerufen, während ihr Mann mit Dr. Maric sprach«, schilderte Rechtsanwalt Burkhard Zurheide.
Bis man sich geeinigt hatte und Dr. Volker Scharnowski im Krankenhaus angekommen war, war bereits eine Verlegung des Patienten angeordnet worden - zur Verwunderung des Anästhesiearztes. Axel Busch: »Hätte man das nicht getan, wäre der Patient möglicherweise gestorben. Das ist doch wohl ein klarer Fall von unterlassener Hilfeleistung.« Der Anwalt von Dr. Scharnowski sieht das anders: »Mein Mandant hatte doch gar keine Möglichkeit mehr, den Patienten zu behandeln. Als er in das Krankenhaus kam, war noch nicht einmal der OP-Raum vorbereitet.«
Weil sich die Parteien bei dem gestrigen Gütetermin nicht einigen wollten, legte Richter Hans-Ulrich Hoffmann einen Kammertermin für den 25. Januar 2006 fest. Bis zum 31. August muss das Krankenhaus schriftlich begründen, warum die fristlose Kündigung von Dr. Scharnowski rechtmäßig ist. Anwalt Axel Busch kündigte bereits an: »Wir werden in den nächsten Tagen Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Dr. Scharnowski stellen.« »Sollte es so weit kommen«, sagte dessen Anwalt nach der Verhandlung, »werden wir Anzeige wegen falscher Verdächtigung und wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Unbekannt stellen.« Der 51-jährige Scharnowski war 16 Jahre lang am Versmolder Krankenhaus tätig. Der Mediziner, der seit seiner Kündigung eine neue Tätigkeit in einem anderen Krankenhaus im Kreis Gütersloh aufgenommen hat, betreibt zudem in Versmold eine Praxis für Schmerztherapie.

Artikel vom 07.06.2005