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»Michael Stich ist der netteste«

Gerry Weber Open: 32 ehrenamtliche Chauffeure fahren die Stars hin und her

Von André Best
Halle (WB). Boris Becker vom Flughafen abholen, Michael Stich zum Friseur bringen, Gabriela Sabatini zur Pizzeria chauffieren: Wenn die ehrenamtlichen Fahrer der Gerry Weber Open in den Limousinen mit der Aufschrift »Official car« unterwegs sind, sitzen die Stars meist direkt neben ihnen. »Michael Stich ist der netteste von allen«, sagt Dietmar Belling, der seit 13 Jahren im Fahrteam bei den Gerry Weber Open mitwirkt.

Am ersten Tag ist immer am meisten los. »Viele Spieler müssen von den Flughäfen abgeholt und nach Halle gebracht werden«, sagt Jutta Kupczyk. Die Frau aus Hesseln, die sonst als Medizinisch Technische Röntgenassistentin im Haller Krankenhaus arbeitet, ist eine von vier Mitarbeitern, die sich um die gesamte Koordination des Fahrteams kümmert.
Unterstützt wird sie von ihrem Mann Fred sowie Wolfgang Fröhling und seiner Tochter Meike Willms. 32 ehrenamtliche Fahrer sind zehn Tage lang während des »deutschen Wimbledon« mit 40 Fahrzeugen fast rund um die Uhr im Einsatz.
Gestern der erste »Großauftrag«: Boris Becker soll vom Flughafen Paderborn abgeholt werden. Sein Flieger aus München landet gegen 11 Uhr. Im Fahrteam wird gelost. Schließlich will jeder der 32 Chauffeure den dreimaligen Wimbledon-Champion fahren. Das Los fällt auf Dorthe Peperkorn aus Borgholzhausen und Tim Pohlmann aus Steinhagen. Die beiden fahren mit zwei Mercedes-S-Klassen nach Paderborn, um Boris in Empfang zu nehmen. »Zwei Autos deshalb, weil es schon mal Stars gegeben hat, die mit mehreren Koffern und Begleitpersonen angereist sind«, sagt Jutta Kupczyk. »Boris war nett und gut drauf«, berichtet Dorthe Peperkorn. Die Fahrer kennen mittlerweile ihre »Pappenheimer« und wissen, wer höflich und zuvorkommend und wer einfach nur »Star« ist. Auch Becker hat manchmal seine Macken.
Nicht so sein »ewiger Kontrahent« Michael Stich. »Ich habe ihn mal nach Hause zu seiner Wohnung nach Hamburg gebracht«, erzählt Dietmar Belling aus Werther. »Weil es eine lange Fahrt war mit vielen Staus hat er mich als Fahrer sogar in seine Wohnung eingeladen. Da haben wir noch einen Kaffee getrunken.«
Die Koordination, wann wer wohin gebracht werden soll, läuft im Büro auf dem Tennisgelände. »Wir bekommen einen Anruf - und schon geht's los. Alle Fahrten, alle Wagen, alle Fahrer und alle Zielorte stehen auf einer großen Tafel. So verlieren wir nie den Überblick«, erzählt Jutta Kupczyk.
Unvergessen sind im Fahrerteam zahlreiche nette Erinnerungen, witzige Anekdoten und kuriose Geschichten: So hat ein Spieler vor Jahren vergessen, ein Visum zu beantragen. Die Gerry Weber Open-Fahrer mussten ihn dann nach Düsseldorf zur Botschaft bringen. Fahrten zum Friseur, zur Pizzeria, bei Wehwehchen zur Apotheke oder in die Disco sind keine Seltenheit. »Machmal müssen wir besondere Filtertüten kaufen, die Wäsche hinterher bringen oder sonstige Besorgungen machen«, schmunzelt Jutta Kupczyk. Ein Spieler hatte sogar einmal seine Tennisschuhe vergessen - die mussten kurz vor dem Match aus dem Hotelzimmer geholt werden. Einmal platzte auch der Reifen auf der Autobahn. Doch Henry Leconte nahm's gelassen. Der Franzose ist bei den Fahrern genauso beliebt wie Tennis-Legende Yannick Noah. Der war nicht nur auf dem Platz witzig, sondern auch gegenüber den Chauffeuren stets ein wahrer Spaßvogel.

Artikel vom 04.06.2005