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Vom alltäglichen Wahnsinn

Vergnüglicher Comedy-Abend der Kolpingspielschar

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Der Seelenstriptease in nachmittäglichen Fernseh-Talkshows ist nicht nur eine peinliche Zumutung für den Zuschauer, sondern auch eine dankbare Vorlage für Sketch-Autoren. Die Kolpingspielschar Paderborn liefert ein ebenso geistreiches wie witziges Beispiel dafür.

In seinem Comedy-Programm, das dem Premierenpublikum am Donnerstagabend größtes Vergnügen bereitete, nimmt das Amateurtheater nicht nur die nervigen Kandidaten, sondern auch die routinierten Moderatoren und nichtssagenden Experten auf die Schippe. Selbstverständlich wird das Publikum mit einbezogen und darf unter den Waschlappen, Gutmenschen und Kratzbürsten auf dem Podium die Beklopptesten aussuchen.
Mit spürbarer Freude an seinen Rollen zeichnet das Ensemble in dieser Show (»Spiel des Lebens«) - ebenso wie in den vier anderen Sketchen des Abends - klar umrissene Charakterstudien mit gerade soviel Übertreibung, dass die Darstellung komisch, aber niemals albern wirkt. Autor Thorsten Böhner lieferte die motivierenden Textvorlagen dazu und erweist sich darin als genauer Beobachter des ganz alltäglichen Wahnsinns und geschickter Konstrukteur ungeahnter Wendungen im Verlauf der Handlung.
Nicht nur voyeuristische Fernsehsendungen, auch Kneipengespräche sind häufig ganz unbeabsichtigt kabarettreif. Die Figuren im Sketch der Spielschar demaskieren sich dabei im selben Maß wie der Alkoholpegel ansteigt.
Ein origineller Einfall ist der Höflichkeitsbesuch in zwei Variationen: Erst pflegen die beiden Paare steife Konversation, dann sagen sie direkt, was sie vom jeweils anderen denken - und wahren dabei erstaunlich viel Haltung. Das Beste zum Schluss ist der Seitenhieb auf mannigfache Missstände im Gesundheitswesen. Ein OP-Team, das den Patienten mit der Keule bewusstlos schlägt, ist nicht die einzige Überaschung, die Krankengeschichte nimmt einen unvorhersehbaren Verlauf mit einer Putzfrau in der Hauptrolle.
Die letzte Vorstellung ist heute um 20 Uhr in der Kulturwerkstatt.

Artikel vom 04.06.2005