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Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrer Bernd Tiggemann


»Na, warst du wieder bei der Feuerwehr?«, fragt mich meine Frau und rümpft dabei die Nase. In der Tat, sie hat den Braten gerochen. Ich war bei der Feuerwehr. Weder am Wochentag noch an der Uhrzeit hat sie es erkannt, sondern einzig und allein an den Ausdünstungen meiner Kleidung. Es ist unstrittig: Bei der Feuerwehr wird eben nicht nur gelöscht, es wird auch geraucht. Und das nicht zu knapp.
Und während ich die zugequalmten Sachen ins Bad hänge und das Fenster öffne, denke ich: Es ist doch eigentlich erschreckend, wie viele Menschen, vor allem wie viele junge Menschen am Glimmstängel hängen. Nicht nur bei den Kameraden der beiden Löschzüge Kaunitz und Verl. Auch im Bereich der evangelischen Jugendarbeit ist das so. Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Was kann man tun?
»Gar nichts!«, meint der Zyniker. Lasst doch die Raucher frühzeitig an Herzinfarkt oder Lungenkrebs sterben, empfiehlt er, dann werden unsere Rentenkassen nicht so belastet. »Zu kurz gedacht!«, wirft da der Realist ein, denn wer frühzeitig stirbt, der kann sein Scherflein für die Rente von morgen nicht mehr beisteuern. Im Gegenteil, er treibt die Beitragssätze der Krankenkassen in die Höhe.
Doch irgendetwas muss passieren. Das jedenfalls ist das Fazit des Nichtraucher-Tages, der am vergangenen Dienstag mehr oder weniger sang- und klanglos an den meisten von uns vorübergezogen sein dürfte. Nahezu ein Viertel aller Bundesbürger raucht. Das kann und darf nicht so bleiben. Was aber hilft?
Die starken Sprüche auf den Verpackungen sind zwar ein Hingucker, mehr aber auch nicht. Die wenigsten Raucher werden sich von Sätzen wie »Rauchen kann tödlich sein« abschrecken lassen und ihr Verhalten ändern.
Auch die Abschaffung aller Zigarettenautomaten ist vermutlich nicht des Rätsels Lösung. Wer Tabak haben will, der bekommt auch welchen. Von wem auch immer. Das ist auf der Straße nicht anders als im Knast, wo sich die Angebotspalette an härteren Drogen vielerorts durchaus sehen lassen kann.
Eine empfindlich hohe Tabaksteuer würde sicherlich Erfolge bringen, indes: Sie muss politisch erst einmal gewollt sein. Nicht wenige Entscheidungsträger sind selbst Raucher oder haben zumindest die eigenen Kassen im Blick. Nicht auszudenken, was passierte, wenn die Zahl der Raucher durch die Einführung einer höheren Tabaksteuer derartig zurück ginge, dass die Steuereinnahmen unter dem Strich sänken!
Was bleibt, sind gesundheitliche Aufklärung schon im Primarstufenbereich, die Vorbildfunktion der Eltern sowie weiterer wichtiger Bezugspersonen und die Stärkung des Selbstbewusstseins der Kinder. Dazu reicht allerdings ein Nichtraucher-Tag allein nicht aus. Das ist eine Aufgabe, die alle diejenigen gemeinsam stemmen müssen, denen das Leben und die Zukunft der jungen Generation am Herzen liegt. Keine leichte Aufgabe, aber eine, die sich lohnt.
Ich bin mir sicher: Wer in einem rauchfreien Elternhaus aufwächst, wer weiß, wie gefährlich Rauchen ist, und wer ein starkes Selbstbewusstsein hat, der greift nicht so schnell zur Zigarette, auch wenn es für alle anderen wie selbstverständlich zum Leben gehört oder einfach nur cool ist.
Wenn Sie mögen, machen Sie mit und seien Sie den jungen Menschen ein gutes Vorbild. Aber bitte tun Sie mir einen Gefallen dabei: Werfen Sie Ihre glimmenden Kippen nicht gleich aus dem Fenster. Die Folgen wären in dieser trockenen Jahreszeit kaum absehbar. Obwohl: dann hätten die Jungs von der Feuerwehr wieder etwas mehr zu tun und weniger Zeit zum Rauchen . . .

Seien Sie alle herzlich gegrüßt, Ihr passionierter Passivraucher
Bernd Tiggemann

Artikel vom 04.06.2005