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»Chancenlos gegen Stapelware aus Supermärkten«

Fleischerei Forthaus schließt Filiale am Großen Wall - Vier Mitarbeiterinnen entlassen

Rheda-Wiedenbrück/Langenberg (dibo). Nach 20 Jahren hat die Langenberger Fleischerei Forthaus ihre Filiale am Großen Wall in Rheda geschlossen.

»Wenn der Umsatz Jahr für Jahr um 20 Prozent sinkt, kommt der Punkt, an dem es nicht mehr geht«, erklärte Firmenchef Friedhelm Forthaus auf Anfrage gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Von zwei Vollzeit- und drei Aushilfskräften könne nur eine Aushilfe in Langenberg übernommen werden.
Mit Frust und Enttäuschung hält der Fleischermeister nicht hinterm Berg, schließlich habe er keine betriebswirtschaftlichen Fehler gemacht, er sieht sich als Opfer der Lebensmittel-Massenproduzenten. Gegen die Stapelware aus den Supermärkten hätten Handwerksmetzger keine Chance - schon gar nicht in einer Filiale, die sich auf den Verkauf von Fleisch, Wurst und Salaten beschränke.
Stammkunden, so Forthaus, könnten sich auch weiterhin an die Hauptstelle in Langenberg wenden. Die rechnet sich wegen des Partyservice, seines Engagements als Gesellschafter der Pott's Brauerei (und damit weiterer Absatzquellen) und der Tatsache, dass die Verkäuferinnen auch in der Küche mithelfen, wenn's mal ruhiger ist.
Die besten Umsätze habe er in Rheda während der »Skandalzeiten« erlebt, als beispielsweise BSE den Markt erschütterte und sich viele Verbraucher an »ihr Fachgeschäft« erinnerten. Als »alles wieder im Lot und war«, seien die Kunden wieder in die Supermärkte gelaufen.
Forthaus (»Wie viel Geiz hält ein Kilo Fleisch noch aus?«) glaubt, dass die klassischen Metzgereien den Weg der Tante-Emma-Läden gehen werden. In einem zweiseitigen Schreiben, das derzeit noch im Schaufenster der geschlossenen Filiale hängt, verabschiedet er sich von der treuen Kundschaft und plädiert für »Qualität statt Quantität«. Forthaus will »nicht am Ende einer Preis-Kampf-Kette stehen, wo wir uns genötigt fühlen, zu unsauberen Mitteln zu greifen, damit die Kalkulation wieder stimmt«. Diese logische Folgerung »haben wir jüngst mit dem Hackfleischskandal in Lebensmittelmärkten erleben müssen«. Wenn dieser Skandal in einem Fleischer-Fachgeschäft aufgedeckt worden wäre, hätten die Behörden das Geschäft sicherlich sofort geschlossen, meint er.
Aber es geht in diesem Schreiben auch um Leiharbeiter »die an Wochenenden eingeflogen und unter menschenunwürdigen Bedingungen in Massenunterkünften untergebracht und zu Billigstlöhnen zu Akkordarbeiten angetrieben« werden. Der Unternehmer glaubt zudem, dass die Lebensmittelkontrolleure »bei diesen Größenordnungen überfordert sind«. Und: »Wenn wir nicht alle langsam aufwachen, ist es das Ende der Esskultur und mit Sicherheit das Ende aller Fleischer-Fachgeschäfte«. Friedhelm Forthaus hat seine Filiale nach eigenem Bekunden anderen Fleischunternehmen zur Übernahme angeboten. Doch die hätten alle dankend abgelehnt.

Artikel vom 02.06.2005