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Fluch des Weihnachtsgeschenks

Fülle von Gutscheinbüchern macht vielen Wirten im Kreis Gütersloh zu schaffen

Von Michael Delker
Gütersloh (WB). Zu Weihnachten waren sie der Renner unter den Gabentischen: Gutscheinbücher, mit denen sich in heimischen Restaurants Rabatte erzielen lassen. Was für die Gastronomen anfangs eine gute Werbemöglichkeit war, erweist sich für viele mittlerweile als Fluch.

Die Rabatte sind verlockend und werden von den Besitzern der Gutscheinbücher dankbar angenommen. Manche Restaurants räumen Prozente ein, andere offerieren zwei Gerichte zum Preis von einem. Da sind die Kosten für die Gutscheinbücher schnell wieder eingespielt. »An Fronleichnam in der vergangenen Woche hatte fast jeder zweite Gast ein Buch in der Hand«, berichtet ein Gütersloher Restaurant-Besitzer, der namentlich nicht genannt werden möchte. Das Ziel, neue Gäste in die Betriebe zu locken, werde damit erreicht. Das Problem ist für ihn ein anderes: »Die Leute sparen nicht nur beim Essen. Sie bestellen zwar das teuerste Steak, halten sich aber den ganzen Abend über an einem Glas Wasser auf.« Eine Rechnung, die für die Wirte offenbar nicht aufgeht. Mehr als 10 000 Euro, schätzt der Restaurant-Besitzer, wird ihn das Rabatt-Angebot in diesem Jahr kosten. »Ich kann ja deswegen keine schlechtere Qualität bieten.«
Von Anfang an skeptisch war Heiner Stickling, der Chef des Gütersloher Wirtevereins. »Ich weiß, dass einige Kollegen anders denken, doch meine persönliche Meinung ist: Ich habe nichts zu verschenken.« Der Chef der »Waldklause« hat deshalb auf den Eintrag in die Gutscheinbücher verzichtet. Seine Preise seien den Kosten entsprechend kalkuliert. »Da kann ich nicht 50 Prozent Rabatt herunterlassen, dann kommt man nicht mehr klar. Ich mache den Job seit 40 Jahren, da will ich mich nicht zum billigen Jakob machen«, sagt Stickling. Seine Befürchtung: Wenn die Gastronomen in ihren Restaurants auf diesem Weg Rabatte einräumen, denn werden auch bei großen Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstagen Preisnachlässe eingefordert. Der Chef des Wirtevereins glaubt, dass sich die Gutscheinbücher noch eine Weile am Markt halten werden. Das »Geiz-ist geil«-Denken ist seiner Meinung nach noch nicht überwunden. Dem schließt sich auch der Gütersloher Restaurant-Besitzer an. »Den Gästen kann man keinen Vorwurf machen. Warum sollen sie die Vergünstigungen nicht wahr nehmen? Den Fehler haben wir gemacht, indem wir auf das Angebot eingegangen sind.«

Artikel vom 01.06.2005