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Kirchstraße:
»Malerwinkel«
in Delbrück

WV-Serie »Damals und heute«

Delbrück (spi). In einem weiteren Teil der WV-Serie »Delbrück gestern und heute« geht es diesmal um die Kirchstraße mit Blick in die Oststraße. Das Aussehen der manchmal »Malerwinkel« genannten Kirchstraße hat sich im Laufe der Jahrzehnte zwar nicht grundlegend, aber doch deutlich geändert. Geblieben sind allerdings einige ältere Häuser an der westlichen Seite. Gegenüber gab es größere Veränderungen, vor allem durch den Abriss des Hauses Wessels/Jittenmeier.

Es war ein stattliches Gebäude. Wessels (Kocks, Meier) betrieben eine Gaststätte, die Gast- und Schenkwirtschaft »Unter den Linden«. Später kaufte die Familie Jittenmeier das Haus. Sie führten die Gaststätte weiter, verkauften aber auch Lebensmittel. Aus dieser Familie stammt Willi Jittemeier, der Gründer der bekannten »jibi-Märkte« mit heute 100 Filialen und Sitz in Bielefeld. Jittenmeier fuhr Ende der 50er Jahre mit einem Bulli »übers Land« und verkaufte zunächst das, was sich auch in seinem Werbeslogan wiederfand: »Butter, Käse, Eier - Jittenmeier«. Das Haus in der Kirchstraße erwarb wenig später die Spar- und Darlehnskasse, die es abreißen ließ, um einen Parkplatz anzulegen.
Das Haus daneben (heute »Babywelt«) gehörte Sievers-Lewerken, die Haushaltswaren und Lebensmittel verkauften. Hans-Josef Wessels, der wieder die Informationen für diese Serie lieferte, erinnert sich: »Das war fast ein kleines Kaufhaus - da gab's fast alles«.
Auf dem alten Foto ist weiter im Hintergrund das Waisenhaus zu sehen. Zu dem Komplex gehörten ein massiv gemauerter Teil und ein Fachwerkgebäudeteil, der der Landwirtschaft diente, die das Waisenhaus ebenfalls betrieb. 1868 hatte C.A. Lohmann das Waisenhaus gestiftet (»Lohmannsche Waisenhausstiftung«). Unter Pastor Grosche wurde das Waisenhaus abgerissen. Im weitläufigen Gartengelände entstand dann bekanntlich das Kinder- und Jugenddorf an der Lohmannstraße.
Auf der anderen Straßenseite ist hinten rechts im Foto das Haus Schulte (Schulten Buerken) zu erkennen. Schulten hatten ebenfalls eine Gaststätte. Im Hof betrieb die Ostenländer Obstkelterei Brautmeier eine Niederlassung. Hier konnte man Äpfel zum Entsaften abgeben. Heute ist der Komplex Teil des Geschäftsgebäudes Leo Strunz, Ostenland.
Daneben folgte das Haus Heising/Leiwesmeier. Das Haus beherbergte eine Rechtsanwaltpraxis (Leiwesmeier, nach dessen Tod Austerschmidt) und wird heute noch gewerblich genutzt.
Weiter zum Kirchplatz hin folgte das Haus Pult, das früher auch landwirtschaftlich genutzt wurde, deutlich sichtbar am großen Deelentor. Pults betrieben dort ein Textilgeschäft.
»Nach dem Krieg gab es hier Blyle-Artikel zu kaufen - das war 'was Besonderes«, weiß Hans-Josef Wessels noch. Heute wird das Haus noch immer gewerblich (zwei Geschäfte) genutzt.
Ein architektonisch interessantes Gebäude war das Haus Großekathöfer mit markanter Stubenauslucht (»Utlucht«), die es an einigen alten Delbrücker Häuser gab. Praktisch: Man konnte aus der Utlucht lang in die Straße sehen. Großekathöfer hatten einen Tabakwarwengroßhandel und vertrieben auch Kautabake (Prieme). Später zog sich die Familie Großekathöfer auf ihren Hof im Heitfeld zurück, das Haus in der Kirchstraße wurde Jahre später verkauft und dann - obwohl es baulich noch gut »in Schuss« war - abgerissen. Der dort entstandene Neubau diente als Wohn- und Geschäftshaus (Büros, Gastronomie).

Artikel vom 01.06.2005