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Stadelhof und das Rätsel der zwölf Skelette

Jeden Mittwoch Führungen duch die Ausgrabungen - Spuren der ersten Siedler gefunden

Paderborn (WV). Wie in einem Krimi ermittelt zur Zeit ein Team der LWL-Stadtarchäologie Am Stadelhof. Insgesamt drei Monate haben die Ausgräber für ihre Untersuchungen Zeit, dann werden hier Eigentumswohnungen errichtet. Spuren der ersten Siedler vor 2000 Jahren, darunter zahlreiche Skelette, und ein mächtiges Steingebäude des Mittelalters haben die Fachleute schon freigelegt.

Seit gut einem Monat untersuchen die Stadtarchäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ein Grundstück zwischen den Straßen Giersmauer und Am Stadelhof in Paderborn. Die größten Rätsel geben ihnen noch etwa ein Dutzend Skelette auf. Jeden Mittwoch finden um 18 Uhr kostenlose Führungen durch die Ausgrabung statt.
Für seine erhebliche finanzielle Beteiligung an der archäologischen Maßnahme erhält der Bauherr die Sicherheit, dass die Ausgrabungsarbeiten pünktlich abgeschlossen werden.
Begonnen hatte alles vor sechs Wochen, als der Bagger die ersten Skelette freilegte. Nun rätselt das Ausgrabungsteam unter Leitung von Dr. Sven Spiong, wer hier wen vor etwa 200 bis 300 Jahren begraben hat: »Es sind mindestens zehn Tote, die hier in einzelnen Grabgruben im Garten bestattet wurden«, so der Grabungsleiter Spiong. »Noch wissen wir nicht, ob die nahe gelegenen Hospitäler einen kleinen Separatfriedhof angelegt haben, oder ob es sich vielleicht um französische Soldaten handelt, die während des Siebenjährigen Krieges einer Seuche zum Opfer fielen.«
Doch es gibt nicht nur ungeklärte Fälle. Die älteste Besiedlung an dieser Stelle liegt etwa 2000 Jahre zurück. Zu dieser Zeit gab es in den Senken bis zu 20 Zentimeter dicke Schwemmschichten, die auf ein Hochwasser hinweisen. Näheres wird eine Untersuchung der Bodenproben ergeben.
Als Bischof Meinwerk im 11. Jahrhundert Paderborn ausbaute, war auch das Grundstück zwischen Giersmauer, Am Stadelhof und der Badengasse bewohnt. Viele Gruben und Pfostenlöcher stammen aus dieser Zeit. Um 1200 entstand hier ein massives Steingebäude, vielleicht sogar ein kleiner Turm. Mit bis zu 1,30 Meter dicken Mauern sind die Wände nur geringfügig kleiner als der 1949 abgerissene Wohnturm Rickerswyk am Kamp. Vielleicht stellt dieses Haus ein zentrales Gebäude des bischöflichen Haupthofes (Stadelhof) dar. Die LWL-Ausgräber können es vorläufig zwischen 1150 und 1250 datieren. Es stand höchstens hundert Jahre und musste danach neuen Gebäuden weichen. Auch die folgenden Jahrhunderte hinterließen mit mehreren Brunnen und einem Gewölbekeller ihre Spuren im Boden.
Bis zum Grabungsende am 18. Juli findet jeden Mittwoch um 18 Uhr eine kostenlose öffentliche Führung statt. Treffpunkt ist die Ecke Badengasse/Giersmauer.

Artikel vom 01.06.2005