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»Das Schlimmste ist der Ekel«

Kakerlaken-Plage in Damme

Damme/Stemwede (dpa/weh). Sie ist braun-schwarz und löst Ekel aus: Die Küchenschabe. Für das Gebiet Damme, in direkter Nachbarschaft von Stemwede, ist ein Albtraum Wirklichkeit geworden, denn die Menschen kämpfen gegen eine Kakerlaken-Plage.

Dabei sind private Haushalte und landwirtschaftliche Betriebe gleichermaßen betroffen. Zu sehen sind die nachtaktiven Tiere allerdings fast nie. »Es muss warm, feucht und ungestört sein«, sagt der Leiter des Gesundheitsamtes des Landkreises Vechta, Hanns Rüdiger Röttgers, am Freitag.
Vor einem Jahr hätten sich erstmals Einwohner bei der Stadt gemeldet, weil sie die knapp drei Zentimeter großen Tiere häufiger über die Terrasse huschen oder im Keller weglaufen sahen. Da hätten die Menschen schon eine gehörige Schamgrenze überwinden müssen, um das zu melden, meint Gerd Muhle, stellvertretender Dammer Bürgermeister. »Der Ekel ist sicher das Schlimmste.«
Warum die Küchenschaben ausgerechnet in der Region so verbreitet sind, ist unklar. Als die Plage festgestellt wurde, habe die Stadt sie mit Kammerjägern bekämpft. Etwa 100 000 Euro habe es gekostet, in 1 500 Häusern und Höfen Fallen aufzustellen. In der Mitte der Fallen, die aussehen wie zusammengefaltete Blätter, liegt auf einer Klebefolie eine Pille mit einem sexuellen Lockstoff. »Die angelockten Tiere bleiben dann kleben und sind auch noch am nächsten Tag zu sehen«, sagt Röttgers. Vor einem Jahr gab es die orientalische Schabe in etwa 21 Prozent aller Häuser.
Bei einer nachfolgenden Kontrolle in diesem Jahr, dem so genannten Monitoring, kommt es dann heraus: Die Schaben sind wieder massenhaft verbreitet. Als Grund vermutet Muhle, dass vor allem viele Landwirte die Kakerlaken nicht korrekt bekämpft haben. Denn die Kosten - zwischen 200 Euro für kleinere Häuser und mehreren tausend Euro für große Bauernhöfe - müssen die Eigentümer selbst tragen.
»Uns sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass die Leute sich sogar damit gebrüstet haben, dass sie beim Monitoring nicht mitgemacht haben«, sagt er. Sie hätten Eimer über die Klebefallen gestellt, somit keine Insekten gefangen und diese daher auch nicht bekämpfen müssen.
Die Insekten krabbeln von Nachbarn herüber - bis zu 300 Meter können sie zurücklegen. »Da ist kein Zusammenhalt, einer schämt sich vor dem anderen, man muss den Tatsachen aber ins Auge sehen«, sagt ein Hausbesitzer. Betroffen sind in den dörflichen Gebieten östlich der Stadt rund 2 000 Menschen. In ihren Häusern und landwirtschaftlichen Betrieben sollen die Tiere bekämpft werden, sagt Muhle. Wer nicht mitmachen will, wird gezwungen.
In privaten Häusern werden dann nach Angaben des Gesundheitsamts millimetergroße Gel-Punkte mit einem für Insekten giftigen Lockstoff unter Spülen, an Fußleisten, hinter Kühlschränke und Heizungen gesetzt - alles Stellen, die Kakerlaken besonders lieben. Die Schabe stirbt dann nach einiger Zeit in ihrem Unterschlupf. In leeren Schweineställen werde ein Nebel mit Insektiziden versprüht, der in alle Ritzen dringe, erklärt Röttgers. Eine giftige, klebrige Lackschicht um den Stall herum verhindert, dass sie zu den Nachbarn krabbeln. Sind Schweine im Stall, werden Böden und Wände bestrichen.
Die toten Schaben werden verbrannt. »Die enthalten so viele Keime wie Durchfall-Erreger, die kann man nicht auf den Biomüll schmeißen«, sagt Röttgers.

Artikel vom 01.06.2005