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Aufstieg zum Abschied von
Pavel Dotchev

10 Jahre beim SC Paderborn 07

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Er war zehn Jahre beim SC Paderborn 07: erst als Spieler und Kapitän, dann als Trainer. Abstieg, Aufstieg, Titel und Tränen - Pavel Dotchev hat wie kein anderer alle Höhen und Tiefen beim SCP hautnah miterlebt. Der 39-jährige Bulgare riskiert hier einen sehr persönlichen Paderborner Blick zurück.

Mein erstes Spiel Ich kam 1995 verletzt aus Kiel und wurde von den Paderbornern als Abzocker beschimpft. Allerdings war ich auch selbst Schuld. In meinem letzten Spiel für die Holsteiner hatte ich mir eine Adduktorenverletzung zugezogen, habe mich danach vier Wochen lang in Bulgarien an den Goldstrand gelegt, statt zum Arzt zu gehen. Gleich beim ersten Training auf der Paderkampfbahn brach die Verletzung auf und ich machte erst im Herbst gegen Rot-Weiß Essen mein erstes Spiel. Aber das war übel. Mir fehlte die Fitness, ich habe, weil ich keinen Fehler machen wollte, nur Angsthasenfußball gespielt und wir haben auch noch 1:2 verloren.

Mein schönstes TorEin Volleyschuss genau in den Winkel. Ich kann mich aber weder an den Gegner noch an das Ergebnis erinnern. Entscheidend ist aber auch nicht, wie schön ein Tor ist, sondern wie wichtig es ist. Das Wichtigste habe ich 2001 in der Oberliga geschossen, das war ein Freistoß gegen Oestrich-Iserlohn. Den habe ich direkt versenkt, wir haben 1:0 gewonnen und drei Punkte im Aufstiegskampf geholt.

Meine schlimmste VerletzungGleich zum Saisonstart im August 2001. Wir waren Aufsteiger, der VfL Osnabrück kam als Zweitligaabsteiger. Trotzdem habe ich gegen den VfL das 1:1 geschossen, mich dabei aber erneut an den Adduktoren verletzt und ich fiel wieder monatelang aus. Die Mannschaft ist in dieser Phase in sich zusammengebrochen, kein Führungsspieler wollte Verantwortung übernehmen. Trainer Markus Gellhaus stand alleine da.

Mein erster PlatzverweisKeine Ahnung, aber den Folgenschwersten habe ich noch im Gedächtnis: Im Pokalspiel gegen Wattenscheid habe ich nach einer klaren Fehlentscheidung dem Schiri gesagt, er wäre bescheuert. So konnte ich beim alles entscheidenden Spiel, am 28. Mai 2000, beim 1. FC Kaiserlautern nicht dabei sein. Wir verloren 2:3 und stiegen aus der Regionalliga ab.

Mein LieblingsspielerIch habe alle meine Jungs gemocht. Für mich steht sowieso erst der Mensch im Vordergrund, nicht der Spieler. Spieler, die Spaß am Training haben, lernen auch mehr, als wenn ein Diktator an der Seitenlinie steht. Wenn ich einen herausheben soll, dann wäre das Guido Spork. Er ist ein überragender Junge und hat völlig zu Unrecht so einen schlechten Ruf.

Meine größte EnttäuschungSicher die Trennung vom Verein zum Saisonende. Ich habe gedacht, man könnte hier langfristig etwas aufbauen. So wie zum Beispiel Volker Finke in Freiburg. Aber die Chance hat man mir nicht gegeben. Vielleicht war ich wirklich schon zu lange hier. Irgendwo war ich schon Eigentum, gehörte zum festen Inventar. Der Respekt vor meiner Person hat zuletzt gefehlt, ich wurde ausgenutzt und ausgetrickst. Aber ich muss mich nicht verstecken. Ich weiß, dass ich vor einer großen Zukunft stehe.

Mein schönster MomentDer Schlusspfiff am Samstag in Wolfsburg. Da war der Aufstieg in die zweite Liga perfekt. Missen möchte ich aber auch nicht die tollen Pokalspiele gegen den Hamburger SV und MSV Duisburg.

Mein größter Fehler Es gibt keine fehlerfreien Trainer. Der Beste ist der, der wenig Fehler macht. Ich habe mich auf Leute verlassen, die mich im Stich gelassen haben. Ich habe auch immer gedacht, dass gute Leistung anerkannt wird. Ich habe nie gepokert, nie groß verhandelt. Jetzt fühle ich mich schon ein bisschen betrogen, dass es, trotz des Aufstiegs, für mich keine Zukunft gibt.

Mein SC Paderborn 07Der Verein hat ein Riesenpotenzial, aber keine Tradition. Die Fans brauchen aber Identifikationsfiguren. Mit mir geht jetzt ein kleines Stück Geschichte. Langfristig ist hier einiges möglich, vielleicht sogar die erste Bundesliga.

Meine Zukunft Mein Berater ist Günter Kutowski und der hat ein konkretes Angebot aus der Regionalliga vorliegen, aber ich weiß noch nicht, ob ich das annehme. In Siegen und bei LR Ahlen stand ich auch auf der Liste, doch das hat sich im letzten Moment zerschlagen.

Artikel vom 07.06.2005