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Markenware hat ihren Preis

Heribert Meffert im Gespräch: Preisverhau verunsichert die Verbraucher

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh (WB). »Dabei sein ist alles« mag als olympisches Motto zu hohem Ansehen gekommen sein. In der wirtschaftlichen Welt der Marken taugt es nicht für den Erfolg. »Hier gilt Top oder Flop«, sagte Professor Heribert Meffert, führender deutscher Marketing-Experte und Vorsitzender der Gütersloher Bertelsmann Stiftung, im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT.

Der Trend zum Discount hat, so Meffert, nicht dazu geführt, dass die Nummer 1-Marken an Bedeutung verlieren: »Nach wie vor suchen die Menschen Vertrauen und Orientierung in der Warenwelt.« Sie finden diese allerdings nicht mehr im Mittelfeld. Dort seien die Marken austauschbar geworden. »Es ist deshalb nur folgerichtig, dass Konzerne wie Unilever, Nestlé und andere ihre Sortimente in der Mitte drastisch reduzieren«, meinte Meffert.
Aber auch die Spitzenposition sei kein Platz zum Ausruhen. Sie verpflichte im Gegenteil zur konsequenten Sicherung der Qualität und zu ständiger Innovation. Die Marke müsse ihren Preis wert sein, dann werde sie vom Verbraucher angenommen. Dieser erwarte sogar einen gewissen Preis. So ein so genannter »Preisverhau« in Aktionsverkäufen verunsicherten ihn. Meffert: »Ein höherer Preis ist für den Verbraucher oftmals auch ein Signal für höhere Qualität.« Ein Hinweis, kein Beweis: Erweise sich das Signal als falsch und verschaffe das Produkt auch sonst keinen Zusatznutzen, werde es als »nicht den Preis wert« von der Einkaufsliste gestrichen.
Es gibt allerdings Branchen und Produkte, bei denen Qualitätsunterschiede auch auf den zweiten Blick hin kaum zu erkennen sind. Als Beispiele nennt Meffert Strom und Papiertaschentücher. Hier sei ein besonders hoher Werbeaufwand nötig, um sie im Kopf des Verbrauchers zu verankern. Andere Branchen, wie etwa Gesundheit und Wellness, blieben dagegen - mindestens bisher - von der Discountwelle verschont.
Lange war es eines der bekanntesten Gütesiegel: »Made in Germany«. Ursprünglich von den Briten geschaffen, um der unter erschwerten Bedingungen produzierenden Konkurrenz aus dem Nachkriegsdeutschland das Leben schwer zu machen, wurde es ganz im Gegenteil zu einem Ausweis für Qualitätsware. Das ist es heute nicht mehr. Zum einen, so Meffert, haben in vielen Branchen heute andere Länder die technische und Marktführerschaft inne: Finnland bei den Handys, Japan unter anderem bei den Kameras. Zum anderen produzieren die großen Konzerne heute nicht mehr ausschließlich in einem Land. »Und selbst diejenigen, die eventuell auf einen Standort festgelegt sind, kaufen viele Zulieferteile aus dem Ausland«, stellte der Experte fest. So sei das »Made in Germany« inzwischen relativ ohne Bedeutung. An die Stelle des Länder-Herkunftsausweises trete das Unternehmen selbst. Die Qualität der Marke garantierten nun ein »Made by Siemens« oder »Made by BMW«. Dabei geht es nicht allein um Produktqualität. Meffert empfiehlt, sich zusätzlich durch besondere Zuverlässigkeit und Dienstleistungen zu qualifizieren: »Miele gibt hier ein hervorragendes Beispiel.«

Folge 3 am Dienstag:
Rendite im deutschen Einzelhandel teilweise weniger als ein Prozent

Artikel vom 28.05.2005