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Dieselkraft statt Wasserdampf

»Preußenzug« ist beim zweiten Bahnhofsfest auch ohne Kohle-Lok eine Attraktion

Von Malte Samtenschnieder
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »Wo ist die Dampflok?« Wohl jedem Besucher des zweiten Schloß Holter Bahnhofsfestes schoss gestern diese Frage durch den Kopf. Die Antwort lieferte ein Blick aufs heiße Sonnen-Wetter: Wegen erhöhter Waldbrandgefahr musste das Kohle befeuerte »Eisen-Ross« in seinem Heimatdepot in Minden bleiben.

Eine kurzfristig herbei geschaffte, 2000-PS-starke Diesellok bewegte stattdessen den historischen »Preußenzug« im Zwei-Stunden-Takt zwischen Schloß Holte und Brackwede hin und her. Und dieser übte - auch ohne sein Wasserdampf speiendes Wahrzeichen an der Spitze - eine große Faszination auf die Besucher aus. »Bis zu 300 Fahrgäste können wir in den acht zwischen 1890 und 1918 gebauten Waggons unterbringen«, sagte Vorsitzender Hans Schweinefuß vom Museums-Eisenbahn-Verein Minden, aus dessen Reihen gestern zahlreiche Freiwillige den Bahnbetrieb ermöglichten. Unzähligen Wochenendausflüglern bescherten sie damit ein unvergessliches Erlebnis.
Mit großen Augen verfolgten die Elfjährigen Lukas und Nick von der Aussichtsplattform eines III.-Klasse-Waggons, wie sich der historische Zug rumpelnd im Schloß Holter Bahnhof in Bewegung setzte. Überrascht waren die Jungen vom lauten Rattern und Knacken, das bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern noch weiter zu nahm. Zudem mussten sich die beiden vor heftigem »Zugwind« in acht nehmen. Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad empfanden sie die frische Brise aber als sehr angenehm.
In einem Zugabteil hatten es sich Inge und Dieter Mersch mit Enkelsohn Max (3) und Yvonne Henrichs mit Tochter Anna (2) bequem gemacht. Nicht nur für den Nachwuchs war die Zugfahrt ein Erlebnis. »Ich finde es toll, dass es bei uns so etwas gibt«, lobte Inge Mersch. Wenige Meter weiter verfolgten Lore Genseleiter und ihre Enkelin Emily die Fahrt vom geöffneten Abteilfenster aus. Für das vierjährige Mädchen war der Ausflug die erste Zugfahrt überhaupt. »Das hat Spaß gemacht«, verkündete das Mädchen freudestrahlend beim Zwischenstopp in Brackwede.
Nicht nur die an den Abteilfenstern vorbei ziehende Landschaft sondern auch die reichhaltigen Angebote der ehrenamtlichen Zugbegleiter zogen das Interesse der Fahrgäste auf sich. Unterstützt von den jungen Helfern Manuel Schäffer und Daniel Breuer (beide 13) hatte speziell Karl-Heinrich Bütepage im »rollenden Souvenirladen« gut zu tun. Außer Kursbüchern und Schriften über seinen Verein hatte der Eisenbahner Sammeltassen und hochprozentiges »Zylinderöl« im Angebot.
Seinen Heimatbahnhof hat der »Preußenzug« in Minden-Oberstadt, wie Hans Schweinefuß gegenüber dem WESTFALEN-BLATT erklärte. »Von dort fahren wir regelmäßig - von April bis Oktober meist einmal im Monat - zum Bergwerk Kleinenbremen und zur Windmühle Südhemmern«, erläuterte der Vorsitzende.
Aktuelle Informationen über den Museums-Eisenbahn-Verein Minden gibt es im Internet unter
www.vereine.minden.de/mem

Artikel vom 30.05.2005