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Hoffnungsträger heißt Müller

SCP-Stürmer erkämpfte sich Strafstoß - Samstag in der Start-Elf?

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Er kam erst zur Pause, zeigte aber, wie's gemacht wird: René Müller lief viel, bot sich immer wieder an, suchte den Mitspieler und gab keinen Zweikampf verloren. Der 31-Jährige setzte nach seiner Einwechslung das Signal zur Aufholjagd. Die wurde zwar nicht erfolgreich beendet, gibt aber Anlass zur Hoffnung.

Denn nur so, wie sich der SCP die ersten 25 Minuten nach dem Wechsel präsentierte, geht in Wolfsburg etwas. Als Trainer Pavel Dotchev nach dem Spiel über »Angst- und Alibifußball« sprach, eine »verkrampfte« Mannschaft sah, Leistungsträger wie Daniel Cartus namentlich nannte und kritisierte (»Von Carte kam viel zu wenig«) und mutmaßte, einige seiner Spielen hätten sich schon zu viel mit der Feier statt mit dem Aufstieg beschäftigt«, hat er mit Sicherheit nicht an René Müller gedacht.
Als der Ex-Erfurter kam, hatte man das Gefühl, es geht ein Ruck durch die Mannschaft. Bezeichnend für seine Spielart war die Szene, die zum Elfmeter führte. An der Außenlinie hatte Braunschweigs Jung-Talent Martin Amedick den Ball bereits sicher, als Müller nachsetzte, sich die Kunststoff-Kugel zurück holte, auf das Eintracht-Tor zusteuerte und schließlich im Strafraum vom Ex-Delbrücker am Trikot gezupft und damit gelegt wurde.
Direkt nach seiner Einwechslung sahen die Zuschauer aber auch noch einen »anderen« Müller. Nach einer Flanke von Sebastian Schachten (48.) legte der sträflich freie Ex-Erfurter den Ball per Kopf für Alex Löbe auf, statt es selbst zu versuchen. Da merkte man dem Torjäger die lange Zwangspause (Bandscheiben-OP) und die damit verbundene fehlende Spielpraxis doch an. Ein Müller in allerbester Verfassung hätte die Chance, zumal in besserer Position, selbst genutzt.
Doch diese Szene war nicht entscheidend, die 1:3-Niederlage war das Ergebnis vieler leichter Fehler in der Defensive und einer ideenlosen Offensive. Anders als beim 4:1-Sieg über den VfB Lübeck, reagierte der SCP nur, agierte aber viel zu wenig. Für Müller keine Frage von fußballerischer Klasse, sondern gedanklicher Frische: »Fußball können wir alle spielen, im entscheidenden Moment muss nur auch der Kopf mitmachen.«
Die »einfachen Gegentore« waren für Markus Krösche ausschlaggebend für die dritte Heimniederlage der Saison. Für Braunschweigs Kapitän Jürgen Rische lag's mehr am Biss. »Wir haben bei der Hitze heute 120 Prozent gegeben, die meisten Paderborner noch nicht mal hundert.«
Einer von denen war Daniel Cartus. Der sprach nach den 90 Minuten von fehlender Laufbereitschaft. »Der stärkste Gegner war heute das Wetter. Wir waren nicht in der Lage, den inneren Schweinehund zu überwinden und alles zu geben«, meinte »Carte«, der sich ausdrücklich in die Kritik mit einschloss: »Auch ich habe, wie einige andere auch, nicht viel zustande gebracht.«
Der Hoffnungsträger heißt deshalb Müller. Einen Platz am Samstag in der Start-Elf wollte der Blondschopf öffentlich nicht fordern: »Das werde ich alles in der Woche mit meinem Trainer besprechen.« Mit seiner Art Fußball zu spielen kann er eine Mannschaft mitreißen. Das gelang gegen Eintracht Braunschweig bis zum 1:3. Bei einer geringeren Fehlerquote könnte es in fünf Tagen bis zum Aufstieg reichen. Das weiß auch Dotchev, der sogar noch einen Schritt weiter geht: »Mit einem gesunden René wären wir schon in der 2. Liga.«

Artikel vom 30.05.2005