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Schuberts Werk in makelloser Schönheit

Europäisches Chorfestival 2005: Arnold Schoenberg Chor huldigt Wiener Komponisten

Gütersloh (WB). Das neunte Gütersloher Meisterkonzert, als Höhepunkt im Europäischen Chorfestival 2005 eingebettet, huldigte im großen Saal der Stadthalle mit einem kontrastreichen Programm die große Liedkunst Franz Schuberts. Der Arnold Schoenberg Chor Wien präsentierte die Werke des Wiener Komponisten in ihrer makellosen Schönheit, zeigte durch die ebenso anspruchsvollen Vorträge moderner Kompositionen aber auch die große Bandbreite seines Repertoires.

So ist der 1972 von Erwin Ortner gegründete Arnold Schoenberg Chor Wien heute eines der vielseitigsten Vokalensembles Österreichs. Mit besonderem Engagement widmen sich Dirigent Erwin Ortner und der Chor seit langem der A-Capella-Literatur. Das taten die Sängerinnen und Sänger auch diesmal ausführlich mussten dabei jedoch auf die bewährte Leitung Erwin Ortners verzichten. Der Dirigent musste sich wegen einer Netzhautablösung kurzfristig einer Operation unterziehen und hatte die Leitung des Chores daher in die Hände von Jordi Casals, einem jungen Dirigenten aus Spanien, gelegt. Casals, so sollte sich schon sehr bald zeigen, erwies sich als würdiger Vertreter Ortners und führte den Auftritt des Schoenberg Chors bei diesem international bedeutenden Festival zu einem großen Erfolg.
Man hatte sich also die zarten Lieder Franz Schuberts als roten Faden des Abends ausgesucht, interpretiert von einem reinen Frauen- (Coronach op. 52) oder Männerchor (Das Dörfchen, Die Nacht, Widerspruch) und im großen, gemischten Chor, mal a-capella, mal begleitet vom ebenso souverän agierenden wie charmanten Eduard Kutrowatz am Flügel. Der Schubert war dem Chor, ganz im Sinne seines nach Erneuerung suchenden und sich später der Atonalität verschreibenden Arnold Schoenberg, jedoch nicht genug - der Titel des Abends, der »eine Schubertiade der anderen Art« ankündigte, hatte ja schon vermuten lassen, dass es hier nicht ganz so romantisch und gesellig wie bei den berühmten Musik-Abenden des Wieners Komponisten zugehen würde.
So mischte der Chor die Werke Franz Schuberts mit zwei Schoenberg-Stücken (»De profundis« und »Friede auf Erden«), dem »Verzeichnis« von Friedrich Cerha, einem Lied für 16 Solostimmen, und schließlich, sozusagen als größtmöglichen Kontrast zum Schubert, das groteske »Nuits« von Iannis Xenakis. Dieses Stück hatte denn auch mit Gesang, geschweige denn Chorgesang, nichts mehr zu tun, war in seiner Beschränkung auf sprechfreie Laute und Silben mehr Experiment als Lied, entfaltete aber dennoch durch die meisterhafte Darbietung eine seltsame, weil verstörende Anziehungskraft. Das Publikum reagierte ob dies mutigen Programms gottlob nicht irritiert, im Gegenteil: Eduard Kutrowatz, Jordi Casals und der Arnold Schoenberg Chor erhielten langen, begeisterten Beifall und bedankten sich bei ihrem Publikum mit drei Zugaben für einen herrlichen Abend. Collin Klostermeier

Artikel vom 28.05.2005