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»Gütersloh wäre auch ideal für DM der Meisterklasse«

Interview mit DSAB-Bundestrainer Vitcho Kolev - Sportakrobatik hat hierzulande immer noch einen schweren Stand


Gütersloh (cas). Vitcho Kolev (58) ist bereits seit 1989 hauptamtlicher Bundestrainer der Sportakrobaten (DSAB) und lebt in Pfungstadt. Wir sprachen anlässlich der Jugend-DM in Gütersloh mit dem Bulgaren und früheren Weltmeister im Gruppen-Vierer.
Wie gefällt es dem kritischen Beobachter in Gütersloh?Kolev: Ich muss dem Gastgeber KSV, der ja schon zum wiederholten Mal eine solche DM ausrichtet, ein Riesenkompliment machen. Hier stimmt einfach alles. Die große Halle, die auch über einen Aufwärmraum verfügt, ist ideal für unsere Sportart und für Wettkämpfe der Erwachsenen ebenso geeignet. Sollte sich der KSV Gütersloh eines Tages auch für die Titelkämpfe der Meisterklasse bewerben, bekäme der Verein sicherlich sofort den Zuschlag.
An beiden Tagen kamen aber nur rund 200 Zuschauer. Enttäuscht über die Resonanz?Kolev: Überhaupt nicht, viel mehr Besucher hatten wir bei der Jugend-DM auch in der vergangenen Jahren nicht. Das ist normal. Dennoch wird unsere Randsportart von immer mehr Leuten wahrgenommen. So lockte im Rahmen des Deutschen Turnfestes in Berlin unser Auftritt 5000 Zuschauer an. Derartige Resonanz hat's zuvor noch nicht gegeben, Wahnsinn!
Dennoch weigert sich der DTB, die Sportakrobatik in seinen Verband auszunehmen ...Kolev: Leider. Deshalb haben wir es als kleiner Verband auch schwer, ins olympische Programm aufgenommen zu werden, obwohl die Sportakrobatik bereits als olympische Disziplin zählt. Wir kämpfen aber weiter und werden mit Hilfe der Federation Internationale de Gymnastique (FG), der wir angehören, den Durchbruch bestimmt schaffen. Bis dahin müssen wir uns mit den World Games begnügen, die in diesem Jahr in Duisburg stattfinden. Apropos DTB: Während der Deutsche Turnerbund von bezahlten Leuten verwaltet wird, arbeiten unsere Mitarbeiter noch auf ehrenamtlicher Basis. Wer beim DTB den Präsidenten ans Telefon kriegen will, landet erst in seinem Vorzimmer. Bei uns jedoch bekommen die Anrufer ihn direkt.
Wo steht die deutsche Sportgymnastik mit ihren rund 10.000 Mitgliedern international?Kolev: Ich sehe uns derzeit an fünfter Stelle. Dominierend sind Russland, China, die Ukraine und Polen. Vor allem im Osten Europas wird sehr professionell gearbeitet, dazu fehlen uns die finanziellen Mittel. Obwohl uns sowieso relativ wenig Geld zur Verfügung steht, wird weiter gekürzt. Uns fehlt es auch an Sponsoren - da müssen wir offensiver werden.
Wären Sie beleidigt, wenn man die Sportakrobatik in die Nähe des Zirkus rückt?Kolev: Überhaupt nicht. Unsere Übungen, die stetig weiterentwickelt werden, sind ja teilweise zirkusreif. Eben Akrobatik.

Artikel vom 30.05.2005