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Merkel überholt Schröder

In der Kanzlerfrage vorn - Wechselstimmung in Deutschland

Berlin (WB/DS). Noch ist Angela Merkel nicht offiziell zur Kanzlerkandidatin der Union bestellt worden, wenn auch niemand daran zweifelt, dass dies am Montag geschieht. Doch in der Kanzlerfrage liegt die CDU-Vorsitzende bereits vor dem Amtsinhaber Gerhard Schröder.

Auf die Frage, wen sie lieber als Kanzler oder Kanzlerin hätten, nennen im neuesten ZDF-Politibarometer vom Freitag 44 Prozent der Befragten Gerhard Schröder und 50 Prozent Angela Merkel. Damit befindet sich die designierte Herausforderin in einer günstigeren Situation als Edmund Stoiber im Jahr 2002, der damals kein einziges Mal in der Kanzlerfrage vor Schröder lag. Das gewachsene Ansehen Merkels zeigt sich auch in der Bewertung der zehn wichtigsten Politiker. Weiterhin vorn bleibt der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, dann folgt bereits Merkel. Schröder steht zusammen mit CSU-Chef Stoiber an fünfter Stelle.
Bestätigt wird diese deutliche Wechselstimmung in Deutschland durch weitere Daten: 60 Prozent meinen, es wäre an der Zeit, dass jetzt im Bund andere Parteien an die Regierung kommen, 36 Prozent sind dagegen. Wenn bereits am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Union auf 45 Prozent (plus 1), die SPD auf 30 Prozent, die Grünen erhielten nur noch acht Prozent, die FDP sechs und die PDS fünf Prozent.
Merkel dämpfte am Freitag Hoffnungen auf Ausgabenprogramme oder eine schnelle Rentenreform nach einem Machtwechsel. Im »Focus« sagte sie, es gebe angesichts desolater Staatsfinanzen keinen Spielraum für zusätzliche Aufgaben. »Wir werden den Menschen sagen, dass wir uns vor allem auf diejenigen Dinge konzentrieren werden, die kein Geld kosten - also das Arbeitsrecht entrümpeln, Bürokratie abbauen«, betonte sie.
Die CDU-Ministerpräsidenten Wulff und Roland Koch verlangten, sich schnell auf ein Steuerkonzept festzulegen. Dagegen will der mögliche Koalitionspartner FDP in jedem Fall auf Steuersenkungen pochen. Ihr Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte: »Wenn wir Steuersenkungen und stabile Finanzen nicht zusammen bekommen, schaffen wir kein Vertrauen.«
Erst am Montag hatte Merkel einer Erhöhung der Mehrwertsteuer eine Absage erteilt, doch auch am Freitag ging in der Union die Diskussion um ein Anheben der Verbrauchssteuer weiter. Sachsen Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) hält eine Mehrwertsteuer-Erhöhung »für denkbar«, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) will sie »nicht ausschließen«. Auch Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hatte eine Anhebung der Mehrwertsteuer ins Gespräch gebracht. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt nannte solche Überlegungen absurd.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch meinte im »Spiegel«: »Wir müssen prinzipiell vor der Wahl sagen, was nach der Wahl gemacht wird.« Dies gelte auch für die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 28.05.2005