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Missbrauch nicht
zu beweisen

Freispruch für 48-jährigen Türken

Herford (cl). Mit viel Glück kam der 48-jährige Türke Kemal H. (Name geändert) zu einem Freispruch auf Kosten der Landeskasse. Ihm waren acht Fälle von sexuellem Missbrauch an seiner 13 Jahre jungen, damaligen Schwägerin im Jahre 1991 vorgeworfen worden, was der hohe Funktionär türkischer Organisationen entschieden bestritt.

Die Aussage der heute 27-Jährigen erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Zumindest ein Fall von vollendetem Geschlechtsverkehr erschien dem Vorsitzenden Richter Bernd Kahre, dem Schöffenpaar und Staatsanwalt Jörg Anuth als sehr glaubhaft. Dann setzte aber die Glückssträhne des Angeklagten ein. Erst Anfang 1998 verschärfte die damalige Bundesregierung Kohl die einschlägige Gesetzgebung, seither sind beispielsweise auch Taten unter Ausnützen einer hilflosen Lage oder anderen Begleitumständen mit empfindlichen Strafen bewehrt. Es war nämlich nach so langer Zeit nicht mehr ganz sicher festzustellen, ob das Mädchen zu den Tatzeiten nicht vielleicht schon 14 Jahre alt gewesen war - und dann wäre es nach altem Recht nicht strafbar gewesen.
Ein weiterer Glücksfall für den Angeklagten, der gut drei Jahre mit der älteren Schwester des Opfers verheiratet gewesen war, liegt in dem Umstand, dass deren siebenköpfige Familie die Tragweite der Ereignisse wohl nicht ganz fassen konnte. Das Opfer offenbarte sich erst im vergangenen Jahr gegenüber der Mutter ihres damaligen Lebensgefährten, dann der eigenen Schwester, anschließend dem Rechtsanwalt Thomas Hemminghaus und der Polizei. Die Ex-Ehefrau glaubte von Anfang an der Schwester nichts, ganz nach dem Motto: »Dem fehlte es sexuell an nichts!« Auch jetzt als Zeugin fiel sie dem Opfer in den Rücken. Bei ihrer Überzeugung ist es eigentlich überraschend, dass sie sich von dem Gatten scheiden ließ...

Artikel vom 28.05.2005