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Demenz ist mehr
als »Tüddeligkeit«

Fachfrau informiert über Krankheit

Versmold (mh). Petra Paß leitet im Katharina von Bora-Haus die Tagespflege, in der alte Menschen über den Tag versorgt und betreut werden. Viele dieser Menschen leiden unter Demenz, einem Krankheitsbild, das nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für deren Angehörige Leid und auch Aufwand bedeutet. Um Fragen von Angehörigen und Interessierten zu beantworten, organisierte Petra Paß am Dienstagabend eine Informationsveranstaltung.

Es referierte Sabine Wadenpohl. Sie ist Diplomtheologin, Altenpflegerin und Gesundheitswissenschaftlerin und leitet nun das »Demenz-Servicezentrum OWL« in Bielefeld. Im Rahmen dieser Organisation, die sich als Anlaufstelle für Hilfesuchende und als Aufklärungsinstanz versteht, beschäftigte sie sich intensiv mit demenziell erkrankten Menschen und deren Umfeld, sodass sie den 30 Zuhörern am Dienstag einen sehr lebendigen Einblick in das schwierige Thema vermitteln konnte. Weniger wissenschaftlich als vielmehr »mit Herz« schilderte sie das Krankheitsbild und beantwortete spezielle, offensichtlich selbst erfahrene Fragen der Besucher.
Es gibt verschiedene Demenzerkrankungen, von denen Alzheimer die mit 60 bis 70 Prozent am häufigsten auftretende ist. »Die genaue Ursache ist bis heute nicht geklärt«, erläuterte Sabine Wadenpohl. Eine Ursache, bei der so genannten vaskulären Demenz, ist eine nicht mehr ausreichende Sauerstoffversorgung des Gehirns, sie tritt oft in der Folge vieler kleiner Schlaganfälle auf. Eine andere, recht frühe Form, wird genetisch vererbt. Auch können andere Krankheiten wie Epilepsie oder Vitamin B 12-Mangel Auslöser sein. Letztere können aber, im Gegensatz zur »echten« Demenz, behandelt werden. Ansonsten muss man sehen: Je älter der Mensch wird, desto häufiger tritt Demenz auf. »Deshalb ist sie auch ein Problem des heutigen Menschen, der immer älter wird«, erklärte Sabine Wadenpohl.
Was passiert nun mit einem demenzkranken Menschen? »In einer ersten Phase wird die Umgebung des Menschen wachsend unklar. Er findet seine alltäglichen Wege nicht mehr, weiß plötzlich nicht mehr, wie man sich in bestimmten Situationen verhält«, schilderte Wadenpohl. Dabei stellte sie den Unterschied zur normalen »Tüddeligkeit des Alters« heraus: »Man vergisst nicht nur, wie viel, sondern was man einkaufen wollte.« Oder gar, dass man bereits eingekauft hat. Und wenn man im Supermarkt steht, weiß man plötzlich nicht mehr, wie man sich dort verhalten soll. »Das kann zu starken Konflikten, zum Beispiel mit dem Lebenspartner und anderen Menschen, führen.«
In einer späteren Phase verliert man sogar das Bild der eigenen Person. »Vielleicht fühlt man sich so, wie man mit 30 war. Dann fühlt man sich sogar in seinem eigenen Zuhause plötzlich fremd.« Wichtig ist Sabine Wadenpohl, dass dies eine Krankheit ist, die den Menschen wirklich verändert und nicht etwa verborgene Eigenarten der Persönlichkeit zu Tage bringt.
Den Angehörigen, das wurde auch an den Fragen deutlich, fällt es häufig schwer, angemessen mit betroffenen Menschen umzugehen. »Man sollte signalisieren, dass man das Leid der Kranken versteht«, antwortete Sabine Wadenpohl, »man muss ihnen das Gefühl von Sicherheit und Hilfe bieten.« Außerdem ist wichtig: Man sollte sie nie vorführen, indem man zum Beispiel nach Namen fragt, die sie gerade vergessen haben.

Artikel vom 26.05.2005