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Der Sportsteckbrief
Sein Name ist eng mit dem Erfolg beim TuS Solbad Ravensberg verknüpft. Der ehemalige Profi-Fußballer Martin Przondziono zieht seit dieser Saison im Mittelfeld des A-Ligisten die Fäden und kann mit seinem Team am Sonntag den Bezirksliga-Aufstieg perfekt machen. »Geld habe ich mit Fußball genug verdient, jetzt will ich nur noch Spaß haben«, kommentierte Przondziono seinen Wechsel zum A-Ligisten. »Pronto« kam über Sportfreunde Salzgitter und Eintracht Braunschweig in den Talentschuppen des SV Werder Bremen. Er wurde 1991 mit der Reserve des SVW Deutscher Amateur-Meister und stand kurz vor dem Sprung in die Bundesliga. Über die Stationen 1. FC Nürnberg (2. Liga), SG Quelle Fürth und Osnabrück wechselte der Halbitaliener zum SC Preußen Münster und war in mehr als 300 Regionalliga-Einsätzen als Elfmeter-, Ecken- und Freistoßspezialist gefürchtet.

Name: Martin Przondziono
Geburtsdatum:11. Juni 1969
Geburtsort:Salzgitter
Spitzname:»Pronto«
Beruf: selbstständiger
Media-Berater
Familienstand:verheiratet, ein Sohn (5)
Größe:1,81 Meter
Gewicht:78 Kilogramm
Lieblingsessen:Alles
Getränk:Kaffee
Hobbys:
Lieblingsfilm:
Golf spielen
»Der mit dem Wolf tanzt«

Profi-Fußball: Ein absoluter Traumberuf, den ich 15 Jahre lang ausüben durfte. Der Job als Fußball-Profi wird allerdings oft unterschätzt, denn der Erfolgsdruck ist enorm. Als Außendienstmitarbeiter muss ich bei meinem Verlag zwar gute Zahlen vorlegen. Aber wenn sich meine heutigen Kollegen darüber beschweren, sind das für mich im Vergleich nur Peanuts. Viele Fußball-Talente scheitern nicht am fußballerischen Können, sondern an der Psyche. Die hohen Gehälter sehe ich als gerechtfertigte Entschädigung für den Druck.
Faszination Fußball-Stadion: Große Stadien üben eine besondere Faszination auf mich aus - auch ohne Zuschauer auf den Rängen. Im Frankenstadion haben wir mit Nürnberg im Pokal mal 3:2 vor 40 000 gegen Werder gewonnen. Ein tolles Gefühl, wobei man nach dem Einlaufen nur noch die Lautstärke wahrnimmt. Manchmal sind die Bedingungen hinter den Kulissen aber auch nicht so toll. Fast alle Kreisliga-Kabinen sind besser als die am Millerntor auf St. Pauli.
Verletzungen: Das waren 'ne Menge. Alleine sechs Knie-Operationen habe ich hinter mir. Leider kamen die Verletzungen immer zum falschen Zeitpunkt. Sie haben mich wohl eine größere Karriere gekostet.
Trainer: Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu meinen Trainern. Man kann von jedem etwas mitnehmen, wobei ich Gerd-Volker Schock und auch Dieter Hecking richtig gute Trainer-Typen finde. Aber unser jetziger Trainer Jörg Pudel macht seine Sache ebenfalls gut. Auch wenn es sich nur um die Kreisliga handelt, bietet er sehr modernes Training an. Ab der nächsten Saison werde ich ihn dann als »Co« unterstützen. Für meinen Einstieg ins Trainergeschäft fehlen mir momentan aber noch die Trainerscheine und die Zeit.
Größter sportlicher Erfolg: Bei den zwei Meisterschaften, dem DFB-Pokalsieg und dem Sieg im Uefa-Cup der Pokalsieger stand ich bei Werder Bremen als ganz junger Spieler zwar im Kader, bin aber leider nicht zum Einsatz gekommen, Diese Titel hefte ich mir also nicht ans Revers. Gut in Erinnerung wird mir der Zweitliga-Aufstieg mit Lübeck bleiben.
Größte sportliche Enttäuschung: 1999 ging es in der Aufstiegsrelegation zur zweiten Bundesliga mit Osnabrück gegen Trier und Offenbach. Nach dem Sieg in Trier haben wir zuhause gegen Offenbach lange 1:0 geführt und dann noch 1:2 verloren. Der Aufstieg war futsch.
Vorbild: Ganz klar Johann Cruyff. Ich hab seine Art, Fußball zu spielen geliebt und deshalb auch immer die Rückennummer 14 getragen. Die habe ich mir sogar in meinen Verträgen zusichern lassen.
Familie: Ich bin ein richtiger Familienmensch. Das ist mir sehr wichtig, dahin kann man sich zurückziehen.
Stärken/Schwächen: Ich will immer gewinnen, bin sehr verbissen. Der Ehrgeiz kann dann schnell in Jähzorn umschlagen, egal ob auf dem Golfplatz oder beim Kartenspielen. Außerdem bin ich ein ehrlicher Mensch, der immer geradeaus sagt, was er denkt. Damit kann man sich auch viel verbauen, wenn man falsch verstanden wird.
Kreisliga A: Das Niveau in unserer Klasse ist viel höher als ich erwartet habe. Als ich kam, dachte ich, dass meine Gegenspieler bestimmt alle 100 Kilo wiegen und auch mal gerne einige Bierchen trinken. Doch das stimmt überhaupt nicht. Es gibt einige richtig gute Spieler, denen ich sogar die Regionalliga zutrauen würde.
Solbad als Nummer eins im Altkreis: Eine Vision von unserem Sponsor David Fister. Ich finde es gut, wenn man sich Ziele setzt. Das ist besser als irgendwo rumzueiern. Und bis zur Landesliga ist es ja auch nicht mehr so weit.
Solbader »Millionarios«: Hinter den Gerüchten steckt sicherlich viel Neid, weil unsere Konkurrenz momentan chancenlos ist. In Ravensberg fließt nicht das große Geld, wie es manchmal erzählt wird. Spieler von höheren Klassen haben sich angeboten, dann aber abgesagt, als die Zahlen auf den Tisch kamen. Ich selbst habe einen Amateurvertrag, weil ich sonst nicht sofort spielberechtigt gewesen wäre. Für einen Vertrag beträgt die Mindestsumme im Monat 150 Euro, die ich auch erhalte. Die Punktprämien sind ebenfalls überschaubar, liegen - soweit ich weiß - bei 10 Euro.
Aufstieg/Meisterfeier: Eine feine Sache - schön und schmutzig. Ich durfte es schon ein paar Mal erleben. Ich bin mir sicher, dass am Sonntag die nächste schöne Feier hinzukommt.

Aufgezeichnet von
Sören Voss

Artikel vom 28.05.2005