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NWD-Konzert mit großen Emotionen

Philharmonie spielt Werke von Liszt und Dvorák - Pianistin verblasst

Von Ruth Matthes
Herford (LZ). Ein Sinfoniekonzert der großen Gefühle erlebten die Besucher des Schützenhofs am Freitagabend. Die NWD hatte sich mit Liszt und Dvorák zwei Romantiker ausgesucht, die es verstanden, den Orchesterklang voll auszunutzen. Pianistin Enrica Ciccarelli konnte mit der Lebendigkeit und durchdachten Interpretation der NWD allerdings nicht mithalten.

Vor allem im ersten Satz des höchst virtuos komponierten 2. Klavierkonzertes von Liszt überzeugte sie weder technisch noch gestalterisch. Mehr gewaltsam als kraftvoll nahm sie die markanten, tieferen Passagen, die teils auch unsicher waren. Das folgende, eigentlich reizvolle, spannungsreiche Wechselspiel kurzer Motive zwischen Orchester und Solist klang eher wie ein Machtkampf. Im zweiten Satz fing sich Enrica Ciccarelli wieder und bewies, dass sie dem Klavier auch zarte, perlende Klänge entlocken kann. Es folgte ein Duett mit Marion Vetter, bei dem die Solo-Cellistin ihren Part mit viel Gefühl ausspielte. Überhaupt hatten die Celli an diesem Abend so einige Themen vorzutragen. Sie taten das mit warmem, fülligen Klang.
Rasant durch die Lagen stürmte die Pianistin im 3. Satz, unterstützt vom Orchester, das alles gab, um die von Liszt als kriegerisch beschriebene Musik so martialisch wie möglich ertönen zu lassen. Mit harten Klavierklängen und einem bombastischen Orchesterklang schloss das Konzert. Das Publikum erklatschte sich eine Scarlatti-Zugabe, die Ciccarelli aber auch ohne rechte Phrasierung herunterspielte.
Schon zu Beginn des Abends hatte die NWD in einer effektvollen Liszt-Komposition geschwelgt. Inspiriert von de Lamartines Ode »Les Préludes« hat dieser Liebesglück, Lebensstürme, Landidylle und siegreichen Kampf als Vorspiel der Ewigkeit in die gleichnamige sinfonische Dichtung umgesetzt. Nach einer langsamen Einleitung, die Dirigent Toshiyuki Kamioka genüsslich zelebrierte, hatten die Musiker viel Gelegenheit, sich von ihrer besten Seite zu zeigen: Die Streicher sangen von Liebe, die Holzbläser ließen Wald und Wiese vor dem inneren Auge der Zuhörer erscheinen, und die Blechbläser konnten sich bei kernigen Fanfaren austoben. Ein markanter Schlussakkord beschloss das Werk triumphal.
Wer es etwas weniger bombastisch mag, für den war Dvoraks 8. Sinfonie noch ein größerer Genuss. Unter Kamiokas auf jede Nuance bedachter Leitung gelangen den Streichern zarteste Töne, auf die bald stürmische vorwärtsdrängende Passagen folgten. Der Melodienreichtum Dvoráks kam in der farbigen Interpretation bestens zur Geltung, ob es sich nun um die beschauliche Pastorale, die zwischen Fröhlichkeit und Melancholie schwankenden Tänze des 3. Satzes oder um das wandelbare Thema des Finales handelte, das sowohl weiche Streicherklänge als auch schmetternde Hörner zu bieten hatte. Mit Tempo raste das Orchester zum Schlussakkord, auf den das Publikum mit kräftigen Applaus antwortete.

Artikel vom 24.05.2005