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Alter Mauerwall schützt
die Häuser vor den Fluten
Nur die Altstadt von Galle blieb vom Tsunami weitgehend verschont
Daran hatten die Portugiesen nicht gedacht: Sie errichteten im 16. Jahrhundert die Festung von Galle, um den strategisch wichtigen Küstenort Ceylons vor unerwünschten Eindringlingen zu schützen, die sich der Stadt übers Meer näherten.
Im Dezember 2004 bewahrten die mächtigen Mauern und Wallanlagen die zum Weltkulturerbe zählende Altstadt vor dem Meer selbst. Als der Meeresgrund vor Sumatra bebte und eine gigantische Flutwelle zahlreiche Küsten rund um den Indischen Ozean verwüstete, schützte die Festung die Bewohner der Altstadt und ihre Häuser vor den zerstörerischen Wassermassen.
Während in der Neustadt und der näheren Umgebung Tausende von Toten zu beklagen waren, ein städtischer Bus gar Wochen später auf den Malediven angeschwemmt wurde, dankten die Menschen der Altstadt ihrem Schutzengel. Sie taten es im Hindutempel genauso wie in der Moschee, in der Kirche ebenso wie im buddhistischen Tempel. Galle ist ebenso von den vier großen Religionen wie auch dem Erbe der früheren Kolonialmächte geprägt.
Der Tourismus kommt nur langsam wieder in Gang. »Galle ist kein Platz für Spaßurlauber oder Leute, die die Insel zum ersten Mal besuchen«, sagt der deutsche Botschafter in Sri Lanka, Jürgen Warth. »Innerhalb der Festungsmauern hat es nur geringe Überschwemmungen gegeben, deren Folgen schnell repariert waren. Aber im Rest der Stadt und in der Umgebung wird man mit Obdach-, Arbeits- und Hoffnungslosigkeit konfrontiert.« Viele Menschen leben noch in Zelten auf den Trümmern ihrer einstigen Behausungen. Zwar sind die größeren Hotels wieder einigermaßen instand gesetzt, »aber es fehlen die kleinen Bistros, die vielen Verkaufsstände und Lädchen. Es dauert mindestens ein Jahr, bis die Region aus dem Gröbsten heraus ist.« Und erst in frühestens zwei Jahren wird sich die Gegend wohl wieder in ihrem gewohnten Bild präsentieren.
Zum Pflichtprogramm in Galle, so man denn dort einen Aufenthalt plant, gehört natürlich der Rundgang über die Stadtmauer, von der aus man gleichermaßen über das türkisfarbene Meer mit den vorgelagerten Korallenbänken, aber auch die hübschen, ruhigen Gassen blickt. Die lange Abwesenheit der internationalen Gäste hat viele der Händler, die Decken und Schürzen mit Spitzenbesatz verkaufen, in Existenznöte gestürzt. Auch die Schlangenbeschwörer, die ihre Kobras gegen ein Entgelt fotografieren lassen, hoffen auf bessere Zeiten.
Der schönste Abschnitt des Mauerweges führt auf den Leuchtturm zu, während linker Hand die Moschee ohne Minarett und die Türme der christlichen Kirchen das Panorama bilden. Anders als in den arabischen Ländern sind Besucher auch in der Moschee willkommen. Das Zusammenleben der Religionen funktioniert gut, der langjährige Bürgerkrieg im Land und ganz aktuell die Not nach der Flut hat die Menschen enger zusammenrücken lassen.
Galle hat hübsche Kunstgalerien, die mit erlesenen Gemälden und Objekten einheimischer Künstler handeln. Dagegen ist das Restaurant-Angebot eher bescheiden. Ausgezeichnet und stilvoll speist es sich jedoch im »Galle Fort Hotel«.
Galle ist auch Ausgangspunkt für Touren in den Kanneliya-Nationalpark und das Kottawa-Arboretum, wo Besucher einen Eindruck von der Artenvielfalt im tropischen Regenwald gewinnen können. Thomas Albertsen

Artikel vom 28.05.2005