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Fünf dicke Zigarren auf den CDU-Sieg

Hans Schäfer bringt »Unabhängigkeit« ins Rathaus - Wahlbeteiligung bei 63,46 Prozent

Von der Wahl berichten
Bernd Steinbacher,
Monika Schönfeldund
Matthias Kleemann (Graphik)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Als feststand, dass es einen Regierungswechsel auf Landesebene geben wird und die CDU klarer Wahlsieger ist, kam CDU-Stadtverbandsvorsitzender Hans Schäfer mit fünf dicken Zigarren der Marke »Independence« (Unabhängigkeit) ins Rathaus, um zu feiern. Das sei Tradition bei Siegen der CDU.

In Schloß Holte-Stukenbrock lag die Wahlbeteiligung bei 63,46 Prozent. Die CDU erreichte 59,06 Prozent, SPD 27,28, FDP 5,08, Grüne 4,20, Republikaner 0,32, NPD 1,03 , ÖDP 0,36 und die WASG 2,67 Prozent. Um 19.30 Uhr lag das vorläufige amtliche Endergebnis vor. Es wäre noch schneller gegangen, wenn der Stimmbezirk 2 die Schnellmeldung telefonisch durchgegeben hätte. »Das hatten wir schon einmal, allerdings in einem anderen Bezirk«, so Hauptamtsleiter Egon Henkenjohann.
»Ich hoffe, dass die Landespolitik wirtschaftsfreundlicher wird und die Kommunen mehr Freiraum erhalten«, sagte Bürgermeister Hubert Erichlandwehr in einer ersten Einschätzung im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Viele Sachen würden nun von der anderen Seite gesehen, Vorrang müsse haben, was Arbeitsplätze bringe. Umweltfragen würden bestimmt anders gesehen, er gehe davon aus, dass Verfahren beispielsweise für Straßenbau und Gewerbegebiete verkürzt werden.
Er hoffe zudem, dass die neue Landesregierung die Diskussion um den Nationalpark Senne sein lasse. »So lange die Briten da sind, macht das keinen Sinn.«
Etwas später machte bei der CDU der Spruch die Runde »Haben wir denn keinen Rüttgers-Sekt?«
CDU-Stadtverbandsvorsitzender Hans Schäfer führt den für NRW historischen Wechsel auf die Stimmung in der Bürgerschaft zurück. »Alle Bürger haben uns gesagt, es müsse ein Wechsel kommen, so gehe es nicht weiter.« Für Schloß Holte-Stukenbrock habe es in den vergangenen Jahren kein Geld vom Land gegeben - weder fürs Gymnasium, noch für die Feuerwache - und ganz aktuell - auch nicht für den Straßenbau (Römerstraße). »Ich bin zwar optimistisch, aber verhalten. Erst mal kommt der Kassensturz. Es wird mehr als ein 120-Milliarden-Defizit geben. Für die Kommunen wird es also auch künftig nicht mehr Geld vom Land geben. Ich würde mich freuen, wenn das Land so wirtschaften könnte, wie Schloß Holte-Stukenbrock seit den 70-er Jahren.«
FDP-Vorsitzende Ulla Lehmann hat sich in Schloß Holte-Stukenbrock ein besseres Ergebnis für die FDP erhofft. »Ich bin froh über den Wechsel. SPD und Grüne sind als Bremser der wirtschaftlichen Entwicklung erkannt worden. Bürokratieabbau steht jetzt an erster Stelle. Arbeit und Bildung werden wichtige Themen.« Der Wahlkampf sei aber auf Rüttgers contra Steinbrück personalisiert worden. »Leider haben die kleinen Parteien darunter gelitten.«
Heinz-Wilhelm Tzschentke, SPD-Vorsitzender in Schloß Holte-Stukenbrock meint: »Die Wähler haben die SPD abgestraft für die sozialen Einschnitte, wie das Arbeitslosengeld II.« Schon beim Wahlkampf habe er gemerkt, dass die Stimmung nicht freundlich, zum Teil sogar aggressiv gewesen sei. Die Reaktion des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, vorgezogene Bundestagsneuwahlen anzukündigen, hält er für einen »Schnellschuss«. Das müsse noch einmal überlegt werden.
Reinhard Tölke, Sprecher der Grünen vor Ort, spricht von einem schwarzen Tag für NRW. Der ökologische Umbau und die soziale Gerechtigkeit werde nach zehn Jahren in Frage gestellt. Themen, die negativ gewesen seien, wie die Affäre Fischer, hätten im Vordergrund gestanden. »Nicht Themen, sondern der Wechsel stand im Wählerblick. Thematisch hat die CDU nichts liefern können, die FDP schon gar nicht.«
Vorgezogene Bundestags-Neuwahlen im Herbst? »Das geht nicht«, sagt augenzwinkernd Wahlleiter Egon Henkenjohann. Denn: Im Oktober werde er das erste Mal Vater. Und wer will schon eine Wahl am Pollhans-Wochenende?
Der Stimmbezirk 3 in der Grauthoffschule war bei dieser Wahl ein so genannter repräsentativer Wahlbezirk. Die Stimmzettel waren mit Buchstaben von A bis K besonders gekennzeichnet. So erhielten beispielsweise Männer, deren Geburtsjahr zwischen 1971 und 1980 ist, einen Stimmzettel mit B. Frauen, geboren im gleichen Zeitraum, einen mit G. Grund: Das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik will das Stimmverhalten, nach Alter und Geschlecht besonders auswerten. »Es hat einige Nachfragen gegeben«, sagte Wahlvorstand Bruno Reinke. Kurze Erläuterungen hätten allerdings genügt, keiner habe gesagt, »ich wähle deswegen nicht«.

Artikel vom 23.05.2005