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Die »Böllerbüchsen« vom Löwenberg

Istruper Klaus Zwirnlein (66) schnitzt und drechselt vielfältige Kunstwerke aus Holz

Von Jürgen Köster
Istrup (WB). Dem amtierenden König und stellvertretden Schießmeister Jürgen Falke zu Ehren marschierten 14 Dringenberger Schützen mit ganz außergewöhnlichen Gewehren beim Festumzug im Schatten der Burg mit. Entstanden sind diese »Böllergewehre« in der »Büchsenmacherei« von Klaus Zwirnlein. Der Istruper hat schon sehr früh seine Liebe und Begabung zum Umgang mit Holz entdeckt.
In seiner Werkstatt erbeitet Klaus Zwirnlein zurzeit an einem Wappen.
Ohne sein Taschenmesser ist er schon als Kind nie in den Wald gegangen. »Ich habe mir passende Zweige gesucht und einen Gehstock nach dem anderen geschnitzt«, erinnert sich der 66-Jährige. Unzählige Narben an seinen Händen geben noch heute Zeugnis von den ersten Schnitzversuchen.
Was man unter richtiger Schnitzkunst versteht, lernte Zwirnlein erst viel später kennen. Bei der Bundeswehr war er als Gebirgsjäger in Mittenwald stationiert. »Da habe ich erstmals wunderschöne Schnitzarbeiten gesehen und Werkstätten besichtigt«, berichtet der Pensionär, der von Hamburg aus zu seiner Einheit am Fuß des Wettersteingebirges reisen musste. Im »Hohen Norden« hatte er das Handwerk des Bäckers und Konditors erlernt. Über seine Schwiegereltern kam er später nach Istrup.
Hier entstanden seine erste Arbeiten. Fische und Vögel schnitzte Zwirnlein. »Die habe ich in schlechten Zeiten verkauft, um die Kasse etwas aufzubessern«, weiß er noch. Der damalige Schützenoberst Stiewe bat ihn dann, ein Wappen von Istrup zu schnitzen. Das kunstvolle Ergebnis sahen auch andere und waren begeistert. Es war wie ein Dominoeffekt, plötzlich wollten mehrere Dörfer und Vereine Wappen und Schilder aus Holz haben. Zwirnlein kaufte Bücher, um seine Kenntnisse auszuweiten, schaffte zusätzliches Werkzeug an, um auch schwierigere Arbeiten ausführen zu können.
In 30 Jahren entstanden unzählige Stücke, die auch über seinen Heimatort hinaus ihre Liebhaber fanden. Dort ziert ein kunstvoll gearbeitetes Holzschild den Kindergarten, »Zwergenparadies« genannt.
Wappen von Schützenbruderschaften wurden auf der Drehbank am Löwenberg in Istrup geschaffen, ebenso Ortsschilder und solche, die den Gast in einem gemütlichen Lokal willkommen heißen, wie etwa im »Böggenhof« in Tietelsen. Ausstellungen - unter anderem in der »Alten Waage« folgten wenige Jahre später. Eines seiner schönsten Stücke ist ein Schachtisch, den Zwirnlein auch deswegen besonders mag, weil er selbst das Spiel der Könige liebt. Später waren es sogar Schränke, die der Istruper liebevoll verzierte. Wegekreuze tragen seine Handschrift. Und manches Holzkreuz aus heimischen Kirchen wurde in seiner Werkstatt fachgerecht aufgearbeitet. »Wappen von Dörfern und Familien sind unvergängliche Geschenke, die zu runden Geburtstagen ebenso gern bestellt werden wie für große Familienfeien fern der Heimat«, meint Zwirnlein. Der weiteste Weg, den eine seiner Arbeiten zurückgelegt hat, führte nach Australien. Dort ziert die Wohnstube eines Auswanderers ein Wappen von Bellersen. Die »Böllerbüchsen« von Dringenberg werden wohl ebenfalls einen Ehrenplatzerhalten haben -Ê zumindest bei den 14 Schützenbrüdern, die ihren König damit überraschten.

Artikel vom 21.05.2005