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Von Pfarrer i. R. Eberhard Plate

Das Wort zum Sonntag


Es gibt kein anderes Wort im Sprachgebrauch, das so diskutiert, zerredet und hinterfragt wird, aber dann auch geglaubt wird, wie das Wort Gott. Alle Menschen nehmen das Wort Gott mehr oder weniger gedankenlos täglich in den Mund; Gott beschäftigt sie alle. Wer oder was verbirgt sich hinter Gott, wer ist Gott? In den Briefen des Gottesleugners Voltaire findet sich der Satz »Und gäb' es keinen Gott, so müßt' man ihn erfinden.« Auch Atheisten, die vorgeben, keinen Gottesglauben zu haben, erahnen Sinnzusammenhänge im Kosmos zwischen Himmel und Erde, zwischen Zeit und Ewigkeit.
Christen glauben an den dreieinigen Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Damit ist die Weite der Schöpfung, die Tiefe der Erlösung und die Kraft des Geistes umschlossen. Aber ist das nicht nur ein Dogma? Diese drei in eins Einheit nennen wir Dreieinigkeit, lateinisch Trinitatis, so wie dieser Sonntag heißt. Es ist immer der eine Gott, der uns in dreifacher Weise begegnet.
Juden-Menschen und Muslime, die auch an den einen Gott glauben, können die Trinität Gottes nicht nachvollziehen. Die Juden - Gott kann im Juden Jesus nicht Gott sein und bleiben! Die Muslime - Dreieinigkeit Gottes ist Vielgötterei! Auch für Christen-Menschen ist es nicht leicht, die Dreieinigkeit Gottes zu erklären oder zu ergründen. Dreieinigkeit - das ist nicht die Auflösung einer Gleichung mit mehreren Unbekannten, keine höhere Mathematik, keine Formel oder Dogma, in dem das Geheimnis Gottes aufginge, sondern das ist die Umschreibung einer Wirklichkeit und Wahrheit, die sich weder fassen noch bildlich darstellen noch beschreiben lässt. Aber wie kann ich dann den dreieinigen Gott erfahren und erleben? Wo und wann kommt Gott in meinem Leben vor?
Im Wort der Bibel zur Trinitatis-Woche wird auf die Berufungsgeschichte des Propheten Jesaja im Todesjahr des Königs Usia etwa 739 vor Christus Bezug genommen: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.« (Jesaja 6,3). Da erlebt Jesaja den lebendigen Gott und ihm vergeht dabei Hören und Sehen. Der Allmächtigkeit Gottes, der er gegenübersteht, sprengt sein Fassungsvermögen. Während himmlische Heerscharen den Lobgesang anstimmen und Gott dreimal heilig preisen, stürzt Jesaja wie betäubt zu Boden. Ich denke hier an die Hirten auf Bethlehems Feld, die die Weihnachtsbotschaft der Engel hören, oder an die Jünger und Jüngerinnen, die dem Auferstandenen Jesus begegnen; ihnen ergeht es nicht anders. Menschen begegnen dem lebendigen Gott und sind aufs Tiefste erschrocken, fürchten sich und gehen zu Boden.
Aber dann geschieht das Wunderbare, der unnahbare Gott kommt uns nahe. Unbegreifliches kommt uns zum Greifen nahe; Himmel und Erde berühren sich in der Herrlichkeit Gottes. Wir dürfen im Gebet Jesu beten: »Dein Name werde geheiligt.« Im Abendmahlsgottesdienst stimmen wir mit ein in den Lobgesang der Heerscharen: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth!«
Wer dies kann, mitsingen, ins Innerste aufnehmen und glauben, der begegnet Gott, der wird frei von allen Zwängen irdischer Herren und Mächte. Wir wissen Gott auf unserer Seite; er erfüllt uns mit mit dem Abglanz seiner Herrlichkeit. Die Hoffnung bleibt, dass Gott immer wieder aus seiner Verborgenheit heraustritt und sich zu erkennen gibt. Gott sei Dank!

Artikel vom 21.05.2005