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Ultimatum an heimische Wirte

Stadtverwaltung hält Hotel mit größerer Bettenzahl in Rietberg für notwendig

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). Ein froher Gast ist niemals eine Last. Sagt ein altes Sprichwort. Doch wie glücklich die Touristen mit den Übernachtungsmöglichkeiten in Rietberg sind, darüber herrschen unterschiedliche Meinungen. »Wir brauchen ein Hotel, in dem wir eine komplette Reisegruppe unterbringen können«, meint Bürgermeister André Kuper. Falls kein heimischer Hotelier bereit sei, seine Bettenzahl zu erhöhen, werde die Stadtverwaltung alles daran setzen, einen auswärtigen Hotelier nach Rietberg zu locken.

Mehr als 30 Gäste auf einmal kann in ganz Rietberg kein Hotelbetrieb aufnehmen. »Wir mussten schon einige enttäuschte Anrufe im Bürgerbüro entgegen nehmen. Die einzigen, die über diese Situation froh sind, sind die Hoteliers in Rheda-Wiedenbrück. Dorthin wandern die Gäste, die eigentlich Rietberg besuchen, nämlich ab, um zu übernachten«, sagt Kuper. Die größte Bettenzahl können laut einer Auflistung in der aktuellen Broschüre »Zu Gast in Rietberg« Seppl (30 Betten) und Ria Kreutzheide (25 Betten) aufweisen, es folgen das Hotel Vogt (23 Betten) und das Hotel Adelmann (21 Betten).
Schon seit Jahren ist dem Stadtoberhaupt diese Situation ein Dorn im Auge. Jetzt will die Stadtverwaltung handeln. »Wir werden noch einmal intensive Gespräche mit den heimischen Gastronomen suchen und schauen, ob jemand bereit ist, die Anzahl seiner Hotelbetten zu erhöhen«, sagt Kuper. Das Kernproblem in Rietberg sei nicht die Gesamtzahl der Hotelbetten. »Das Problem ist, dass wir komplette Reisegruppen nicht vernünftig unterbringen können. Diese Gruppen müssten wir in zwei oder sogar drei Hotels aufteilen, und das möchten die meisten Gruppen nicht«, sagt auch Peter Milsch vom Stadtmarketing. Bei Großveranstaltungen wie der Orchideen-Schau oder dem Kolping-Diözesantag entstünden dadurch Probleme.
Davon weiß auch Volker Pappert als Organisator des Tommy-Emmanuel-Gitarrenfestivals ein Lied zu singen. »Ich weiß auch nicht, wo ich die Gäste alle unterbringen soll. Die Rietberger Hotels sind für die vier Tage, an denen das Festival steigt, jetzt schon ausgebucht.« Man habe zwar wieder den Schützenplatz als Campingplatz zur Verfügung, Camping aber sei nun mal nicht jedermanns Sache. Und auch Bürgermeister André Kuper musste bereits einen Termin verschieben, weil keine Hotelzimmer in Rietberg zur Verfügung standen. Nachdem er kürzlich zum Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzen und Kommunalwirtschaft des Städte- und Gemeindebundes gewählt worden war, sollte die nächste Sitzung dieses Gremiums im September in Rietberg stattfinden. »Wir mussten den Termin verschieben, um alle Gäste im Institut Vita unterbringen zu können«, berichtet Kuper. Das Institut an der Stennerlandstraße verfügt über 56 Betten, ist aber eben kein Hotel im herkömmlichen Sinne, sondern beherbergt im Regelfall längerfristig Besucher, die an Seminaren im Institut teilnehmen.
Durch vielfältiges Werben gelänge es dem Stadtmarketing, Rad- und Tagestouristen nach Rietberg zu locken. Auch die heimische Wirtschaft hat das Thema beim Bürgermeister bereits auf den Tisch gebracht: »Auch viele Firmen sehen die Notwendigkeit«, sagt André Kuper. Bereits seit mehr als zwei Jahren argumentiere die Stadtverwaltung in dieser Debatte, bisher ohne zählbaren Erfolg. Nach den Sommerferien will die Verwaltung ganz offensiv aktiv werden, wenn sich bis dahin kein heimischer Gastwirt gemeldet hat, der sein Hotel vergrößern möchte. »Dann würden wir versuchen, Hotelketten anzusprechen. Potentielle Grundstücke könnten wir anbieten oder bei der Vermittlung helfen«, so André Kuper, dem für dieses Projekt natürlich möglichst ein Standort nahe des historischen Stadtkerns vorschwebt: »Das wäre optimal, aber bevor gar nichts passiert, könnte das Projekt auch weiter außerhalb realisiert werden.« Manfred Vogt, Inhaber des Hotel Vogt an der Rathausstraße, versteht die ganze Aufregung um dieses Thema nicht. »Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir ein größeres brauchen. Wenn Herr Kuper mir garantiert, dass meine Zimmer ausgelastet sein werden, dann will ich wohl gerne ein paar Zimmer anbauen. Die Statistik aber sagt etwas anderes«, meint er. Im aktuellen Geschäftsbericht des Stadtmarketings ist für das Jahr 2004 die Auslastung aller Hotelzimmer in Rietberg mit 29 Prozent angegeben. »Sicherlich gibt es einige Tage im Jahr mit besonderen Veranstaltungen, an denen man viel mehr Hotelbetten bräuchte. Aber was ist mit den vielen anderen Tagen, an denen die Zimmer dann leer stehen«, fragt sich der Hotelbesitzer. Die Ankündigung Kupers, nach den Sommerferien mit der Akquise eines neuen Hoteliers zu beginnen, komme einem Ultimatum gleich. »Für mich aber ist wichtig, dass sich das alles rechnet. Und wenn die Zimmer in Rietberg im Jahresdurchschnitt zu 29 Prozent ausgelastet sind, heißt das für mich, dass wir genügend Betten haben«, hat Vogt eine klare Meinung zu den Plänen der Stadtverwaltung.

Artikel vom 21.05.2005