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»Bauch« entscheidet
über den Wahlausgang

Bürger trauen ihren Politikern nichts mehr zu

Von Rüdiger Kache (Text und Foto)
Paderborn (WV). »Liebe Verbündete für eine neue Politik in Deutschland!« Klaus Peter Schöppner, Geschäftsführer des renommierten Meinungsforschungsinstitutes Emnid (Bielefeld) machte schon in seiner Begrüßung deutlich, was die Menschen von den Parteien wollen: eben endlich eine bessere, transparentere, nachhaltige Politik zum Wohle der Bürger - und keine Schaukämpfe.

Auf Einladung des Wirtschaftsrates nahm er vor 150 Zuhörern in der Volksbank kein Blatt vor den Mund, als er Spitzenpolitikern, Parteien - aber auch einem Teil der Medien - vorwarf, sich soweit von den wirklichen Belangen der Bürger entfernt zu haben, dass am Ende das Vertrauen in diese Politik, ob in Regierung oder Opposition, fast auf den Nullpunkt gesunken sei. Nur noch acht Prozent der Deutschen, so die Ergebnisse der Meinungsforscher, hätten überhaupt noch Vertrauen in ihre Volksvertreter, acht von zehn glaubten nicht, dass »die da oben« überhaupt noch um die Probleme ihrer Wähler wüssten.
Dass ein Politiker gar die Wahrheit erzähle, wollen nur noch drei Prozent der Menschen glauben. Da kommen Ärzte mit 50 und Geistliche mit 49 Prozent deutlich besser weg. Selbst den Gewerkschaften trauen nur vier Prozent noch glaubwürdige Aussagen zu. »Der Inkompetenz-Eindruck der Politiker und der handelnden Personen wächst«, klagt Schöppner an. »Dazu kommt, dass angesichts des planlosen Handelns in den Parlamenten nur noch jeder zehnte Bürger von sich behauptet, dass er Inhalte und Strategien der Politik durchblicke.« Opposition oder Regierung - es gibt keinerlei Marken-Identität mehr . Vertrauensverlust, fehlende Nachhaltigkeit und Kompetenzverlust führten dazu, dass die Menschen sich gar nicht mehr für Politik interessieren.
Und wie läuft«s bei der Landtagswahl am Sonntag? »Alles ist möglich. Wer weiß - vielleicht gibt's ja noch eine Flut oder es wird ein Geldkoffer gefunden«, verweist der Emnid-Chef auf ein offenes Rennen. »Das Bauchgefühl entscheidet die Wahl, nicht das Wissen über Inhalte und Ziele von Politik.« Sein Tipp: »Nageln Sie Politiker auf Aussagen fest, kontrollieren Sie, haken Sie nach. Nur so erzeugen Sie den Druck, der zu besserer Politik führen kann.«

Artikel vom 20.05.2005