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Von Karl Pickhardt

Paderborner
Perspektiven

Wir freuen uns auf den 28. Mai


»Wir sind stolz, ein Teil der Stadt Paderborn zu sein«: Fast auf den Tag 60 Jahre nach dem Krieg, der auch Paderborn so viel Leid und Elend brachte, haben ranghohe britische Militärs in dieser Woche ein klares Bekenntnis zum Standort Paderborn geliefert. Nicht nur das: Brigadegeneral Nick Carter machte mit seinen Investitionsplänen für die nächsten 15 Jahre erneut deutlich, dass Paderborn und der Truppenübungsplatz in der Verteidigungspolitik der britischen Krone eine herausragende Position einnehmen. Die Briten bleiben noch lange, lautet die Botschaft vom Dienstag mitten in der Nationalpark-Debatte.
Die wirtschaftliche Bedeutung kann in Zeiten, in denen Insolvenzen von Firmen wie Osthoff (Paderborn) oder Stammschröer (Bad Lippspringe) schocken, für die heimische Kaufkraft nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gehälter und Löhne von 4500 Berufssoldaten und weiteren 1000 Zivilbeschäftigten summieren sich in 15 Jahren zu Milliarden. Auf 200 bis 300 Millionen Euro wird die Wertschöpfung durch britische Präsenz geschätzt. Jahr für Jahr. Die britischen Streitkräfte sind unser größtes Unternehmen.
Britische Soldaten sind keineswegs immer pflegeleichte Nachbarn. Wenn überwiegend junge Soldaten zwischen 20 und 25 Jahren in Paderborn über die Stränge schlagen, ist der Zorn verständlich. Dem ist Einhalt zu gebieten. Nach vielleicht zu laschen Jahren bemühen sich Führungskräfte der Briten jedoch in Zusammenarbeit mit der Polizei, in einer der landesweit größten Garnisonsstädte die Dinge in den Griff zu bekommen. Gemeinsame Streifen mit der britischen Militärpolizei beugen vor. Verfehlungen werden härter geahndet. Das sollte Wirkung zeigen.
Mit der überraschenden Ankündigung eines »britischen Festivals« am 28. Mai in der Paderborner Innenstadt als Mini-Ersatz für die einst so beliebte »Summer Show« geben die Briten ein deutliches Zeichen und bekunden ihren Willen zum Miteinander. Schon melden sich in Paderborn - fast erwartungsgemäß - bündnisgrüne Kritiker und warnen vor einer (unbewaffneten) Militärparade sowie einem Urkundenaustausch »freedom of the city«. Sie vergessen: Es handelt sich um ein »britisches Festival«, um deutschen Nachbarn und Freunden britische Lebensweisen zu zeigen. Die britische Mentalität misst einem Ehren- und Heimatrecht wie »freedom of the city« und einem damit verbundenen Urkundenaustausch weitaus höhere Bedeutung zu als die deutsche Seele. Und aus britischer (wie auch aus amerikanischer) Sicht gehören Paraden zu einem Fest wie der Schützenumzug (mit Degen, Gewehr und Fahnen) zum westfälischen Schützenfest. Solche Paraden hat es im Paderborner Stadtgebiet wiederholt gegeben. Daraus eine militärische Provokation oder gar Instinktlosigkeit abzulesen, ist grotesk. Da sollte keine deutsche Sichtweise einem britischen Familienfest übergestülpt werden.
Der 28. Mai ist ein schöner und wichtiger Tag der Begegnung, der die deutsch-britische Freundschaft wie viele Jahre zuvor die »Summer Show« in der Senne pflegt. Das sollte der Paderborner Stadtrat mit einem deutlichen Ja am 19. Mai begleiten.

Artikel vom 14.05.2005