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Wilder Westen in Löhnes Norden

Beim dritten Pfingstturnier schnuppern 5 000 Besucher Western-Atmosphäre

Von Silke Schade (Text und Fotos)
Löhne (LZ). Der wilde Westen liegt in Löhnes Norden. Am Rande der Prärie, Êgenannt Blutwiese. Direkt daneben, nur von einer kleinen Straße getrennt, ein Schatten spendender Forst. Ein Cowboy -Êohne Colt -Êtritt aus der Lichtung, steuert strammen Schrittes sein Pferd an und gibt ihm einen aufmunternden Klaps: »Los, Jonny, auf geht's! Nun zeigen wir allen, was wir können!«

Es ist tatsächlich eine Menge, was am Pfingstwochenende in der Reithalle »von Seydlitz« an der Börstelstraße geboten wird. 400 Westernreiter aus ganz Deutschland fesseln, nach Schätzung des Veranstalters, 5 000 Zuschauer in den verschiedenen für den Laien mysteriösen wie unbekannten Disziplinen: vom »Trail«, einer Geschicklichkeitsprüfung, bei der der Reiter ein Tor öffnen und eine Brücke überqueren muss, bis zum »Reining«, der Königsdiszplin, sozusagen der »Pflichtübung des Western-Reitens«.
Nicht einmal stehen dabei der Reiter und sein Pferd alleine in der Arena. Mit ihnen fiebert immer das Publikum. Es pfeift, klatscht, johlt - auch während der Prüfung. Besonders gern wollen die Zuschauer den Sand aufwirbeln sehen. Der Reiter weiß das, spornt sein Pferd an, geht aus dem Sattel, macht sich klein, damit er einen Zahn zulegen kann. Die Mähne fliegt, der Hut des Cowboys auch, der Sand unter den Hufen sowieso. Dann im Moment des höchsten Tempos plötzlich das Stopp-Kommando. Das Pferd bleibt ruckartig stehen, eine dichte Staubwolke wedelt auf, der Reiter sucht Halt. Ein Raunen geht durch die Halle. Anerkennung für diese westernreife Leistung.
Mittlerweile ist es »High Noon« und es herrscht reges Treiben in Konnis Kneipe. Country-Musik berieselt die Gäste, Männer mit rauen Stimmen singen von endloser Weite, Lagerfeuern und Liebe. Organisator Rolf Diekwisch nippt zufrieden an seiner Kaffeetasse, erzählt von der guten Stimmung und der Faszination seines Sports. Davon, dass es dabei auch um die Freiheit geht. »Die Zügel werden im Gegensatz zum Englischen Reiten nicht straff, sondern lose gehalten. Umso mehr kommt es darauf an, dass Reiter und Pferd perfekt harmonieren.«
Und das Tag und Nacht. Selbst, wenn die Cowboys und -girls zu Bett gehen, sind sie ihren Tieren noch ganz nah. Letztere sind in sogenannten Paddocks, kleinen eingezäunten Weiden, untergebracht - direkt neben den Wohnmobilen und Camping-Wagen ihrer Besitzer. Es gibt sogar Westernreiter, die ihr Nachtlager im Stroh beziehen. Koordinatorin Tanja Bergs spricht aus jahrelanger Erfahrung: »Es ist nicht einfach, Ross und Reiter zu trennen.«
Norina Wohlfahrt aus Melle verbringt jede freie Minute mit Taris, einem »Quarter Horse«, das hervorragende Voraussetzungen für das Westernreiten mitbringt. »Taris ist klein, kompakt und einfach lieb«, lobt sie und krault dem Hengst die Mähne. Die 14-Jährige blickt auf eine Laufbahn zurück, die in der Szene typisch ist. Angefangen hat sie mit dem englischen Reiten, irgendwann jedoch die Lust daran verloren. »Weil dabei vieles so streng ist.«
Ihr stand der Sinn nach Action und Spannung, beim Westernreiten hat sie ihn gefunden. Norina wirft sich ihre Westernkleidung über, zieht sich ihren Hut tief ins Gesicht, nimmt Taris an die Leine und macht sich mit ihm auf den Weg zur Prüfung. Doch Vorsicht ist geboten. Der Weg in den wilden Westen ist zwar nicht mit Revolverpatronen gepflastert, dafür mit reichlich Pferdeäpfeln.

Artikel vom 17.05.2005