14.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrerin Barbara Schneider-Postzich


Zu Pfingsten sind die Geschenke am geringsten.
Ein dummer Spruch, der jedoch darauf hinweist, dass dieses christliche Fest im allgemeinen Bewusstsein keinen großen Stellenwert hat. Weihnachten und Ostern liegen dagegen sicherlich auf Platz eins der Beliebtheitsskala der christlichen Feste.
Die obligatorischen Geschenke und das traditionelle Brauchtum spielen da bestimmt eine wichtige Rolle. Aber nicht nur die. Auch von seiner inhaltlichen Bedeutung her ist Pfingsten schwierig und abstrakt: Die Christen feiern das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes und schließlich in diesem Zusammenhang zugleich auch das Gründungsfest der Kirche.
Die Bedeutung dieses Festes, muss man erst einmal verstehen. Die Geburt des göttlichen Kindes zu Weihnachten berührt Menschen unmittelbar und auch Leiden, Tod und Auferstehung am Osterfest rühren an die ureigensten Erfahrungen jedes einzelnen Menschen. Aber was kann der Geist Gottes für unser Leben bedeuten?
Na ja, dass das Brauchtum zu Pfingsten eher karg ausfällt, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Beim bunt geschmückten Pfingstochsen, der früher in ländlichen Gegenden durch die Straßen geführt wurde, denken wir heute wohl eher an Zeitgenossen, die bei der Auswahl der aktuellen Frühjahrsmode keinen glücklichen Griff hatten. Ansonsten gibt es da dann auch nicht mehr allzu viel an Brauchtum.
Also - was soll Pfingsten? »Geist ist geil.« Diesen Satz habe ich vergangene Woche in der Tageszeitung gelesen. Es ging eigentlich gar nicht um Pfingsten, sondern um eine Bildungskampagne, die von irgendeiner angeheirateten Hohenzollernprinzessin initiiert worden ist. Den Titel finde ich gut. Er passt wunderbar zum Pfingstfest.
»Geist ist geil.« Der Satz macht deutlich, dass wir diesem Fest unrecht tun, wenn wir es so gering schätzen. Die Pfingstberichte der Bibel erzählen zum Beispiel davon, dass Menschen sich auf einmal verstehen können, auch über Sprach- und Nationalitätengrenzen hinweg, weil Gottes guter Geist unter ihnen ist. Vielleicht wirken diese Berichte zunächst merkwürdig auf uns heute, aber es steckt viel Wahrheit darin.
Verständnis, Friede und Harmonie haben am Ende nie etwas zu tun mit Fremdsprachenkenntnissen, Toleranz oder Multikultigerede, sondern mit einem guten Geist, der manchmal auf geheimnisvolle Weise da ist und Menschen in einer Weise bewegt, die man nicht erwartet hätte. Der Geist Gottes, so nennt es die Bibel.
Manchmal erkennen wir, was wirklich wichtig ist in unserem Leben und was wirklich gut ist. Dabei ist doch alles so unüberschaubar und es wird immer unüberschaubarer in dieser Welt. Auch da kann uns der Geist Gottes begegnen, der uns in alle Wahrheit führt, wie Johannes es schreibt (Johannes 15, 13).
Und das Wichtigste: Der Geist lässt uns gewiss werden, dass Jesus Christus uns immer nahe ist. Er ist nicht auferstanden in irgendeine jenseitige Welt, in der er vielleicht auf uns wartet, sondern er ist uns jetzt und hier nahe, überall und in jeder Situation des Lebens.
Pfingsten hat es also doch mit einem Geschenk zu tun, auch wenn man es nicht so gut verpacken kann wie ein Weihnachtsgeschenk. Aber die wertvollsten Dinge, die wir besitzen kann man ja häufig nicht ohne weiteres in Päckchen und Tüten schnüren.

Artikel vom 14.05.2005